Rz. 13

Der Gesetzgeber hat in seinem Bestreben, den Versorgungsausgleich in Bagatellfällen auszuschließen, die Entscheidung, ob ein Versorgungsausgleich stattfinden soll, in den Fällen kurzer Ehen den Ehegatten selbst überlassen. Damit ist die, Gesetz gewordene Fassung des VersAusglG ggü. den ursprünglichen Entwürfen deutlich abgemildert worden; denn ursprünglich hatte der Gesetzgeber vorgesehen, in den Fällen kurzer Ehen den Versorgungsausgleich komplett auszuschließen.[1]

 

Rz. 14

Als Ehen von kurzer Dauer bezeichnet § 3 Abs. 3 VersAusglG alle Ehen bis zu einer Dauer von drei Jahren. Gemeint ist die Ehedauer im versorgungsausgleichsrechtlichen Sinne, also von dem Monat der Eheschließung bis zu dem Monat, welcher der Stellung des Scheidungsantrags vorausgeht (vgl. § 3 Abs. 1 VersAusglG). Damit geht die Gesetz gewordene Fassung deutlich weiter als der ursprüngliche Entwurf, der die kurze Dauer auf eine Periode von zwei Jahren begrenzt hatte. Für die 3-Jahresfrist spricht v.a. die Gleichbehandlung mit anderen Fällen, in denen Ehen von kurzer Dauer von Bedeutung sind (v.a. § 1579 Nr. 1 BGB), wo ebenfalls eine Dauer von drei Jahren als maßgebend angesehen wird.[2] Ist die Frist überschritten, kommt nur noch ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG in Betracht. Allerdings ist insoweit größte Zurückhaltung geboten; zur relativen Kürze der Ehe müssen weitere Faktoren hinzutreten, welche den Versorgungsausgleich nach den Umständen des Falles als grob unbillig erscheinen lassen.[3]

 

Rz. 15

Die Regelung soll die Gerichte von der zeitintensiven Prüfung von Bagatellanrechten entlasten. Von Amts wegen braucht das Gericht in diesen Fällen zunächst nur die Ehedauer zu prüfen. Kommt es dabei zu dem Ergebnis, dass eine Ehedauer von nicht mehr als drei Jahren vorliegt, muss es die Ehegatten darauf hinweisen, dass sie einen Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs stellen können (vgl. § 28 FamFG). Nur wenn einer der Ehegatten den Antrag stellt, kommt es zu einem Versorgungsausgleich ohne weitere Besonderheiten. Ansonsten muss das Gericht den Versorgungsausgleich zwingend ausschließen.

 

Rz. 16

Kritisch ist insofern freilich anzumerken, dass es bei den Anrechten, die in drei Jahren erworben werden, oft nicht nur um kleine Beträge geht. Nimmt man etwa an, ein Ehegatte sei in dieser Zeit mit einem Einkommen beschäftigt gewesen, das dem Durchschnittseinkommen aller Versicherten entsprach, dann bedeutet das, dass er in den drei Jahren eine Rente von drei Entgeltpunkten erwirbt. Im Jahr 2016 entspricht das bei einem aktuellen Rentenwert von 30,45 EUR einer Monatsrente von 91,35 EUR. Das bedeutet, dass der andere Ehegatte bei einem Verzicht auf den Ausgleich in jedem Monat auf etwas mehr als 45 EUR Rente verzichtet. Bei einer durchschnittlichen Rentenbezugsdauer (einer Frau) von mehr als 20 Jahren macht das eine Gesamtsumme von knapp 11.000 EUR.

 

Rz. 17

Problematisch ist der grundsätzliche Ausschluss der Kurzzeitehen vom Versorgungsausgleich trotzdem nicht. Nach der, Gesetz gewordenen Fassung entscheidet nicht der Gesetzgeber, sondern die Ehegatten selbst, ob sie einen Versorgungsausgleich wünschen oder nicht. Der Versorgungsausgleich findet statt, wenn mindestens ein Ehegatte den Antrag stellt, ihn durchzuführen. Jeder Ehegatte hat es also selbst in der Hand, auch im Fall einer kurzen Ehe einen Versorgungsausgleich herbeizuführen. Darüber sollte er ausführlich belehrt werden, damit er weiß, welche Bedeutung die Stellung eines dahingehenden Antrags hat.

 

Rz. 18

Der Antrag muss kein bestimmter Sachantrag sein, es reicht vielmehr, dass deutlich gemacht wird, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs begehrt wird. Anwaltszwang besteht für diesen Antrag auch dann nicht, wenn der Versorgungsausgleich im Verbund steht (§ 114 Abs. 4 Nr. 7 FamFG).

 

Rz. 19

 

Praxistipp

Der Antrag kann von beiden Ehegatten gestellt werden, gleichgültig, ob sie ausgleichsberechtigt oder ausgleichspflichtig sind. Eine Frist kann das Gericht für die Antragstellung nicht setzen, denn es fehlt eine § 222 FamFG entsprechende Regelung. Auch die Frist des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG braucht nicht eingehalten zu werden; denn auch der Versorgungsausgleich nach § 3 Abs. 3 VersAusglG steht im Zwangsverbund, da über ihn nach § 224 Abs. 3 FamFG auf jeden Fall zu entscheiden ist.[4] Das Verfahren ist also auch ohne den Antrag schon anhängig.

 

Rz. 20

Der Antrag kann bis zur Rechtskraft der Endentscheidung zurückgenommen werden (§ 22 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Nach dem Erlass der Endentscheidung bedarf die Rücknahme aber der Zustimmung der anderen Beteiligten (§ 22 Abs. 1 Satz 2 FamFG).

 

Rz. 21

Die Regelung wird wahrscheinlich als Begrenzung des Versorgungsausgleichs nur eine sehr geringe Bedeutung erlangen, da sich regelmäßig ein Ehegatte finden wird, der den Antrag stellt.

 

Rz. 22

 

Hinweis

Zu beachten ist, dass ein Antrag nur den Mangel der kurzzeitigen Ehe kompensiert. Wurden in der Ehezeit nur geringwertige Anrechte oder Anrechte gleicher Art mit einer geringen Aus...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge