Rz. 26
Grundlegende Voraussetzung für die Durchführung eines Versorgungsausgleichs ist, dass mindestens ein Ehegatte in der Ehezeit ein auszugleichendes Anrecht auf Versorgung wegen Alters oder Invalidität erworben hat.
1. Grundlagen
Rz. 27
Die Anforderungen, welche an die Versorgung zu stellen sind, ergeben sich aus § 2 VersAusglG. Auf sie wurde im vierten Teil bei der Erörterung der als auszugleichende Versorgungen in Betracht kommenden Versorgungen ausführlich eingegangen (siehe oben § 4 Rdn 7 ff.).
Rz. 28
In den Versorgungsausgleich sind alle Anrechte einzubeziehen, die in der Ehezeit erworben wurden (§ 3 Abs. 2 VersAusglG). Andere Anrechte dürfen nicht ausgeglichen werden. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist; sie endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags (§ 3 Abs. 1 VersAusglG, zu Einzelheiten siehe oben § 4 Rdn 61 ff.).
2. Besonderheiten bei privaten Invaliditätsversorgungen
Rz. 29
Besondere Voraussetzungen bestehen jedoch für den Ausgleich privater Versorgungen wegen Invalidität. § 28 Abs. 1 VersAusglG bestimmt insoweit, dass ein Anrecht der Privatvorsorge wegen Invalidität nur auszugleichen ist, wenn der Versicherungsfall schon in der Ehezeit eingetreten ist und die ausgleichsberechtigte Person am Ende der Ehezeit eine laufende Versorgung wegen Invalidität bezieht oder die gesundheitlichen Voraussetzungen dafür erfüllt.
Rz. 30
Diese Versorgungen werden also nur noch dann ausgeglichen, wenn beide Ehegatten in der Ehezeit invalide geworden sind. Das bedeutet eine erhebliche Einschränkung ggü. dem früheren Recht, weil dieses nur voraussetzte, dass die Invalidität aufseiten des Inhabers der Versorgung eingetreten war. Ein weiterer Unterschied besteht in der Art des Ausgleichs: Während die genannten Versorgungen früher im allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ausgleich bei der Scheidung ausgeglichen wurden, sieht § 28 Abs. 3 VersAusglG für diese Anrechte nunmehr vor, dass sie in einer Art schuldrechtlichen Ausgleich auszugleichen sind, denn für sie wird die entsprechende Anwendung der §§ 20 bis 22 VersAusglG angeordnet.
Rz. 31
Von der Regelung erfasst werden private Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsversicherungen und private Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen. Besteht eine Versorgung aus mehreren Bausteinen, von denen einer eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit absichert, ist § 28 auf diesen Baustein anzuwenden. Private Unfallversicherungen werden dagegen nicht erfasst, da sie Entschädigungs- und nicht Versorgungscharakter haben. Ebenso wenig erscheint die analoge Anwendung auf Invaliditätsrenten aus einer betrieblichen Altersversorgung gerechtfertigt. Insoweit fehlt es an einer planwidrigen Lücke.
Rz. 32
Der Ausgleich eines derartigen Anrechts setzt zunächst voraus, dass der Versicherungsfall aufseiten des Ausgleichspflichtigen in der Ehezeit eingetreten ist. Gemeint ist damit, dass der Ausgleichspflichtige in der Ehezeit die Voraussetzungen für den Bezug der Versorgung erfüllt hat. Dazu reicht eine Teilerwerbsunfähigkeit, wenn diese schon zu einer Leistung führt. Ein Antrag braucht noch nicht gestellt zu sein. Wie sonst bei Veränderungen zwischen dem Ehezeitende im berechnungstechnischen Sinne und der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags auch, kommt es insoweit auf den Eintritt der Voraussetzungen bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags an; denn die Regelung in § 3 Abs. 1 VersAusglG soll nur die Berechnung vereinfachen, nicht aber verhindern, dass bis zum Stichtag der Rechtshängigkeit eingetretene Umstände berücksichtigt werden.
Rz. 33
Ist der Versicherungsfall noch nicht eingetreten, wird das Anrecht nicht ausgeglichen. Das liegt daran, dass bei dieser Art Versorgung vor dem Versicherungsfall noch kein irgendwie gesichertes Anrecht besteht. Auch bei dem Versicherungsunternehmen ist nichts vorhanden, was geteilt werden könnte, weil dieses bei solchen Versorgungen regelmäßig kein oder nur ein so geringes Deckungskapital bildet, das gerade für die anfallenden Verwaltungskosten ausreicht.
Rz. 34
Der Ausschluss vom Ausgleich ist ein endgültiger. Auch wenn später der Versicherungsfall eintritt, wird nichts ausgeglichen.
Rz. 35
Aufseiten des Ausgleichsberechtigten müssen ähnliche Voraussetzungen vorliegen: Dieser muss entweder selbst (zu Recht) Invalidenrente beziehen oder die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Invalidenrente erfüllen. Auch dieser Umstand muss beim Ehezeitende (im oben beschriebenen Sinne, siehe Rdn 32) vorliegen. Diese Voraussetzung gab es im früheren Recht nicht. Der Gesetzgeber hat den Ausgleich der privaten Invalidenrenten eingeschränkt. Den Grund dafür hat der Gesetzgeber darin gesehen, dass die mit dem Ausgleich einhergehende Kürzung der Versorgung des Ausgleichspflichtigen diesem nur dann zuzumuten ist, wenn der andere Ehegatte in gleicher Weise schutzbedürftig ist wie er selbst.
Rz. 36
Der Wertausgleich erfolgt ähnlich dem schuldrechtlichen Wertausgleich, denn insoweit wird die entsprechende Anwendung der §§ 20 bis 22 VersAusglG angeo...