Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 49
Hinweis:
Lesen Sie auf jeden Fall vor den nachfolgenden Kapiteln die allgemeinen Ausführungen unter Rdn 6–17 über die Angelegenheiten der Zwangsvollstreckung.
a) Vollstreckungsschutzanträge (§ 18 Abs. 1 Ziff. 6 RVG)
Rz. 50
Da Vollstreckungsschutzverfahren nach § 18 Abs. 1 Ziff. 6 RVG selbstständige Angelegenheiten bilden, erwachsen dem RA die Gebühren nach Nrn. 3309, 3310 VV RVG. Es handelt sich um das Verfahren über Anträge nach den §§ 765a, 851a oder 851b ZPO. Hierzu gehören nur gerichtliche Verfahren, nicht jedoch z. B. ein Aufschub, den der GVZ nach § 765a Abs. 2 ZPO gewährt.
Gegenstandswert ist in der Regel der Wert des Gegenstandes der Vollstreckung (§ 25 Abs. 2 RVG).
b) Zulassung der Austauschpfändung (§ 18 Abs. 1 Ziff. 7 RVG)
Rz. 51
Im Verfahren auf Zulassung der Austauschpfändung nach § 811a ZPO kann der RA die Gebühren nach Nrn. 3309, 3310 VV RVG gemäß § 18 Abs. 1 Ziff. 7 RVG gesondert erhalten.
Der Gegenstandswert ergibt sich entweder aus der Gläubigerforderung oder aus dem Wert des zu schätzenden Überschusses des Versteigerungserlöses für den ausgetauschten Gegenstand. Der Gegenstandswert ist davon der niedrigere Wert (§ 25 Abs. 1 Ziff. 1 Hs. 2 RVG).
Rz. 52
Die vorläufige Austauschpfändung durch den GVZ (§ 811b ZPO) gehört nicht hierzu, da sie in § 18 Abs. 1 Ziff. 7 RVG nicht genannt ist. Hierfür entstehen also keine besonderen Gebühren.
c) Anderweitige Verwertung (§ 18 Abs. 1 Ziff. 8 RVG)
Rz. 53
Da es sich nach § 18 Abs. 1 Ziff. 8 RVG bei den Verfahren über Anträge auf anderweitige Verwertung gemäß § 825 ZPO um eine besondere Angelegenheit handelt, erhält der RA gesonderte Gebühren nach den Nrn. 3309, 3310 VV RVG. Eine anderweitige Verwertung ist z. B. anstelle der Versteigerung vor Ort die Versteigerung über eine Versteigerungsplattform im Internet, die in einigen Bundesländern zulässig ist (§ 814 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO).
Als Gegenstandswert ist der Betrag der Forderung des Gläubigers anzunehmen, wenn nicht der Wert des Pfandgegenstandes geringer ist (§ 25 Abs. 1 Ziff. 1 Hs. 2 RVG).
d) Eintragung einer Zwangssicherungshypothek (§ 18 Abs. 1 Ziff. 11 RVG)
Rz. 54
Nach § 867 ZPO wird auf Antrag des Gläubigers eine Zwangssicherungshypothek in das Grundbuch eingetragen. Da es sich bei diesem Verfahren gemäß § 18 Abs. 1 Ziff. 11 RVG um eine besondere Angelegenheit handelt, erhält der RA gesonderte Gebühren nach den Nrn. 3309, 3310 VV RVG.
Hinweis:
Eine Sicherungshypothek darf nur für einen Betrag von mehr als 750,00 EUR (also mindestens 750,01 EUR) im Grundbuch eingetragen werden (§ 866 Abs. 3 ZPO). Zur Hauptforderung dürfen Kosten hinzugerechnet werden, allerdings noch nicht die Kosten der Eintragung der Zwangssicherungshypothek. Zinsen dürfen jedoch nur hinzugerechnet werden, wenn sie als Hauptforderung geltend gemacht werden und als solche tituliert sind.
Als Gegenstandswert zur Berechnung der Gebühren des RA ist die durch die Eintragung abzusichernde Gläubigerforderung nebst Zinsen und Kosten anzunehmen.
e) Vertretbare Handlung (§ 18 Abs. 1 Ziff. 12 RVG)
Rz. 55
Wenn der Schuldner verurteilt worden ist, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme auch durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, selbst die Handlung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen, wenn der Schuldner die Handlung nicht vorgenommen hat (§ 887 ZPO). Eine solche Handlung wird als vertretbare Handlung bezeichnet, im Gegensatz zur unvertretbaren Handlung, die nur vom Schuldner selbst vorgenommen werden kann.
Beispiel:
Vertretbare Handlungen sind z. B. die Anfertigung oder die Reparatur von Sachen.
Rz. 56
Das Verfahren gemäß § 887 Abs. 1 ZPO über den Antrag des Gläubigers auf Ermächtigung, auf Kosten des Schuldners eine vertretbare Handlung durch andere Personen (z. B. Handwerker) vornehmen zu lassen, ist eine Angelegenheit im Sinne von § 18 Abs. 1 Ziff. 1 RVG, für die Gebühren nach den Nrn. 3309, 3310 VV RVG erwachsen. Diese Tätigkeit des RA ist also nicht in § 18 Abs. 1 Ziff. 12 RVG geregelt, da sie unter die allgemeine Vorschrift des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 RVG fällt. Gegenstandswert ist in der Regel der Wert der vorzunehmenden Handlung (§ 25 Abs. 1 Ziff. 3 RVG).
Der Gläubiger kann auch zugleich mit dem Antrag gemäß § 887 Abs. 1 ZPO beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung dieser Kosten zu "verurteilen". Dieser Antrag gemäß § 887 Abs. 2 ZPO, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme zu "verurteilen", gehört auf jeden Fall gebührenrechtlich zu dem Antrag gemäß § 887 Abs. 1 ZPO, sodass hierfür keine besonderen Gebühren zusätzlich entstehen. Es handelt sich dabei übrigens nicht um ein "Urteil", sondern um einen Beschluss, der allerdings ein Vollstreckungstitel ist.
Rz. 57
Erst wenn dann aus dem Beschluss gemäß § 887 Abs. 2 ZPO die Zwangsvollstreckung wegen Vorauszahlung dieser Kosten betrieben wird, stellt dies nach § 18 Abs. 1 Ziff. 12 RVG eine besondere Angelegenheit dar, für die die Gebühren nach den Nrn. 3309, 3310 VV RVG gesondert anfallen. Gegenstandswert ist in diesem Falle der beizutreibende Kostenbetrag.
Beispiel:
Ein Schuldner ist verurteilt worden, eine Sache zu reparieren. RA Meier stellt auftragsgemäß für den Gläubiger erstens den Antrag auf Ermächtigung, die Reparatur auf Kosten des Schuldners vornehmen zu lassen und be...