Prof. Dr. Martin Henssler, Christiane Pickenhahn
Rz. 1
Eng verknüpft mit der Entgrenzung der Arbeitszeit ist diejenige des Arbeitsortes. Zwar wird die klassische Telearbeit bereits seit langem praktiziert und stellt damit keine Neuheit dar, allerdings haben sich mit der steigenden Leistungsfähigkeit von Informations- und Kommunikationstechnologien die Rahmenbedingungen verändert. Insbesondere wird tendenziell das "Home Office" überwiegend nicht mehr als Telearbeit mit einem fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz, sondern vielmehr als Mobile Arbeit ausgestaltet.
Die Mobile Arbeit hat durch die COVID-19-Pandemie einen erheblichen Schub erhalten, der aller Voraussicht nach langfristig Bestand haben wird. Bereits vor der Pandemie war nach einer BITKOM Studie der Anteil der Unternehmen in Deutschland, die "Home Office" anbieten, kontinuierlich gestiegen und lag 2019 bei rund 40 %. Die Gestaltungsspielräume wurden aber trotz steigendem Angebot nicht entsprechend der Nachfrage und den Möglichkeiten ausgeschöpft (BMAS, Weißbuch "Arbeiten 4.0, S. 77; Brenke, DIW Wochenbericht 5/2016, S. 95 ff). So beschränkte sich das Angebot überwiegend auf einen kleinen Kreis von Berechtigten (hauptsächlich Führungskräfte) und wurde meist nur in einem geringen zeitlichen Umfang gebilligt (BMAS, Mobiles und entgrenztes Arbeiten, 2015, S. 8 f.).
Während vor der Pandemie rund 3 % der Beschäftigten ausschließlich sowie 15 % teilweise im Home Office arbeiteten, waren es in der Pandemie im Jahr 2020 25 %, die vollständig von Zuhause gearbeitet haben. Hinzukamen 20 % der Beschäftigten, die teilweise Home Office in Anspruch genommen haben. Allgemein wird erwartet, dass es dauerhaft zu einer Ausweitung der mobilen Arbeit kommen wird. Nach Berechnungen von Bitkom werden zukünftig rund 35 % aller Beschäftigten teilweise oder ausschließlich mobil arbeiten (Bitkom 8.12.2020, abrufbar unter https://www.bitkom.org). Inwiefern neben Führungskräften und Experten auch Beschäftigte mit mittlerer oder einfacher Qualifikation hiervon profitieren können oder ob es hierfür eines gesetzlichen Anspruchs bedarf, bleibt abzuwarten.
Die Ende der 19. Legislaturperiode präsentierte Gesetzesinitiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, mit der insb. ein Rechtsanspruch auf die Arbeit von Zuhause eingeführt werden sollte, scheiterte bereits an einer Einigung der Koalitionspartner (Entwurf abrufbar unter https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/mobile-arbeit-gesetz.html).
Im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition wurde nun für die 20. Legislaturperiode (S. 69) vereinbart, dass Beschäftigte in geeigneten Tätigkeiten einen Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten und Home Office erhalten sollen. Arbeitgeber sollen dem Wunsch der Beschäftigten nur dann widersprechen können, wenn betriebliche Belange entgegenstehen. Eine Umsetzung des Koalitionsziels steht noch aus.