Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
I. Wirkungen des Testamentsvollstreckerzeugnisses
Rz. 21
Das Testamentsvollstreckerzeugnis nach § 2368 BGB hat grundsätzlich zwei Funktionen. Zum einen dient es dem Testamentsvollstrecker zum Nachweis seiner Rechte gegenüber Dritten. Zum anderen darf ein gutgläubiger Dritter auf die Richtigkeit des Testamentsvollstreckerzeugnisses vertrauen, §§ 2368 Abs. 3, 2365, 2367 BGB.
Rz. 22
Der öffentliche Glaube des Testamentsvollstreckerzeugnisses geht dahin, dass
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der als Testamentsvollstrecker im Zeugnis Bezeichnete rechtsgültig Testamentsvollstrecker wurde, |
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ihm das Amt in seinem regelmäßigen Umfang zusteht, |
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der Testamentsvollstrecker durch keinen anderen als die dort angegebenen Anordnungen beschwert ist. |
Das Testamentsvollstreckerzeugnis schützt nur den Dritten im Rechtsverkehr. Es entfaltet keine Schutzfunktion im Verhältnis zwischen dem Erben und dem Testamentsvollstrecker.
Praxishinweis
Diese Regelung kann fatale Folgen für den Testamentsvollstrecker haben, wie ein Fall aus der Praxis zeigt. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, den Erbteil eines 16-jährigen zu vollstrecken, bis dieser einen akademischen Abschluss gemacht hat. Der Testamentsvollstrecker beantragte ein Testamentsvollstreckerzeugnis, das Nachlassgericht schickte den Antrag dem minderjährigen Erben, vertreten durch seine Mutter und seinen beiden volljährigen Geschwistern zur Stellungnahme. Alle drei Beteiligten stimmten der Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses zu. Der Nachlass war liquiditätsschwach, sodass der Testamentsvollstrecker seine Vergütung erst am Ende einer zehnjährigen Testamentsvollstreckung einforderte. Die Erben wandten nunmehr erstmalig ein, der Vollstrecker sei nie Testamentsvollstrecker gewesen. Die Erstinstanz teilte diese Auffassung und wies die Vergütungsklage des Testamentsvollstreckers ab. Die zweite Instanz hob das Urteil insoweit auf, als eine Vergütung dem Testamentsvollstrecker dem Grunde nach ab der Volljährigkeit des Minderjährigen Erben – also nicht für den Zeitraum zuvor – dem Grunde nach zugesprochen wurde und das Verfahren zur Feststellung der Höhe der Vergütung in die erste Instanz zurückverwiesen worden.
II. Arten von Testamentsvollstreckerzeugnissen
Rz. 23
Es lassen sich folgende Arten von Testamentsvollstreckerzeugnissen unterscheiden:
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Das normale Testamentsvollstreckerzeugnis wird dann erteilt, wenn nur ein Testamentsvollstrecker vorhanden ist. |
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Ein gemeinschaftliches Testamentsvollstreckerzeugnis bezeugt das Recht aller Testamentsvollstrecker. |
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Ein Teil-Testamentsvollstreckerzeugnis wird erteilt, wenn zwar mehrere Testamentsvollstrecker ernannt sind, aber nur das Recht eines oder einzelner Testamentsvollstrecker bekundet wird. In diesem Zeugnis sind auch die Mitvollstrecker namentlich anzugeben. |
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Ein gegenständlich beschränktes Testamentsvollstreckerzeugnis wird in entsprechender Anwendung des § 2369 BGB erteilt, wenn der Erblasser nach ausländischem Recht beerbt wurde. |
III. Antrag auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses
1. Antragsrecht
Rz. 24
Antragsberechtigt sind neben der zum Testamentsvollstrecker berufenen Person auch die Nachlassgläubiger, §§ 792, 896 ZPO. Bei mehreren Testamentsvollstreckern kann jeder die Erteilung beantragen. Nicht antragsberechtigt ist der Erbe.
Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses besteht auch dann, wenn der Testamentsvollstrecker wegen Einrichtung einer Nachlasspflegschaft bis auf weiteres gehindert ist, Verwaltungshandlungen für den Nachlass vorzunehmen.
2. Inhalt des Antrages
Rz. 25
Nach §§ 354, 352 FamFG muss der formlos mögliche Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses Folgendes enthalten:
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den Todeszeitpunkt des Erblassers, |
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den letzten gewöhnlichen Aufenthalt und die Staatsangehörigkeit des Erblassers, |
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die Verfügung von Todes wegen, mit der die Testamentsvollstreckung angeordnet wurde, |
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Art und Umfang der Befugnisse des Testamentsvollstreckers, |
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die Anhängigkeit eines Rechtsstreits über die Ernennung oder den Wegfall einer Person, die dem Testamentsvollstrecker im Amte vorangegangen wäre. |
Der Nachweis ist durch Urkunden, im Übrigen durch eidesstattliche Versicherung zu führen. Zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung sind außer den Notaren auch die Amtsgerichte berufen, § 352 Abs. 3 S. 3 FamFG. Ist der Testamentsvollstrecker zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, empfiehlt es sich, unter Berufung auf die bereits bei der Zulassung erfolgte Eidesleistung die Vollständigkeit und Richtigkeit anwaltlich zu versichern. Dies kann die Kosten für die eidesstattliche Versicherung ersparen.
IV. Prüfungsumfang und Entscheidung durch das Nachlassgericht
Rz. 26
Der Testamentsvollstrecker steht – anders als etwa der Nachlassverwalter (§ 1975 BGB) – nicht unter der Aufsicht des Nachlassgerichtes. Entsprechend eingeschränkt sind die Prüfungsmöglichkeiten des Gerichts. Das Nachlassgericht prüft lediglich, ob eine gültige Ernennung zum Testamentsvollstrecker vorliegt, der Testamentsvollst...