Rz. 41
Der Pflichtteilsberechtigte hat auf Verlangen das Recht, sowohl bei der Errichtung des privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses als auch bei der Errichtung des Verzeichnisses durch den Notar anwesend zu sein. Dieses Recht dient – jedenfalls primär – dazu, dem Berechtigten bei einer erstmaligen Sichtung und Bewertung des gegenständlichen, sich nicht selten im Bestand und Wert fortlaufend verändernden Nachlasses eine unmittelbare Kontrolle und Mitwirkung zu ermöglichen. Mitwirkungsrechte sind mit dem Anwesenheitsrecht für den Pflichtteilsberechtigten nicht verbunden. Weder darf er eigene Erkenntnisse über den Bestand des Nachlasses dem Auskunftsverpflichteten entgegenhalten noch dessen Angaben anzweifeln. Insoweit kann er lediglich die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verlangen.
Rz. 42
Voranstehendes gilt auch für das amtliche Nachlassverzeichnis. Da der Notar im Rahmen seiner Ermittlungspflicht allerdings dazu gehalten ist, ggf. auch den Pflichtteilsberechtigten zu befragen, da auch dieser mögliche Ermittlungsansätze liefern kann, sind dessen Angaben und Einwände in das Verzeichnis aufzunehmen. Auch wenn der Notar den Pflichtteilsberechtigten nicht zu jedem Ermittlungsschritt laden muss, erscheint es sinnvoll, dem Pflichtteilsberechtigten vorab Verzeichnis und Unterlagen zukommen zu lassen, um ihn über die wesentlichen Ermittlungsschritte zu informieren. In der Praxis hat sich diese Vorgehensweise bewährt. Vielfach wird dem Pflichtteilsberechtigten hier sodann eine Stellungnahme zu dem vorgelegten Verzeichnis und den Unterlagen eingeräumt, aufgrund derer der Notar sodann ggf. weitere Ermittlungen anstellt und Korrekturen im Verzeichnis vornimmt.
Rz. 43
Bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses durch den Notar selbst stehen dem Pflichtteilsberechtigten wiederum keine Mitwirkungsrechte zu. Der Auskunftsberechtigte selbst bzw. sein Vertreter haben aber das Recht, dem Notar "über die Schulter zu schauen", wenn er das vorbereitete Verzeichnis anhand der von ihm angeforderten Unterlagen fertig stellt.
Rz. 44
Das Recht auf Zuziehung bei Aufnahme des Verzeichnisses gibt dem Pflichtteilsberechtigten nach herrschender Meinung jedoch nicht das Recht, die Erstellung des Nachlassverzeichnisses in der Wohnung des Erben bzw. des Erblassers zu verlangen bzw. diese zu besichtigen. Wird dem Notar der Zutritt verweigert, muss dieser die Zutrittsverweigerung im Verzeichnis vermerken mit der Folge, dass ggf. der Auskunftsanspruch nicht erfüllt ist.