Rz. 45
Hat der Pflichtteilsberechtigte Grund für die Annahme, dass das Bestandsverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt errichtet wurde, so hat der Erbe auf Verlangen gem. § 260 Abs. 2 BGB über das Bestandsverzeichnis eine eidesstattliche Versicherung abzugeben. Es obliegt insoweit dem Pflichtteilsberechtigten, näher zu erläutern, warum das Verzeichnis unsorgfältig ist. Die Voraussetzungen für die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung liegen demnach vor, wenn
▪ |
nach Würdigung des Gesamtverhaltens des Auskunftsverpflichteten nicht auszuschließen ist, dass die Erklärung nicht mit der erforderlichen Sorgfalt abgegeben wurde; |
▪ |
sich der Erbe mit allen Mitteln einer Auskunftserteilung entzieht; |
▪ |
die Angaben mehrfach berichtigt wurden; |
▪ |
Belege dem Bestandsverzeichnis nicht beigelegt wurden. |
Rz. 46
Es genügt jedoch nicht, dass der Auskunftsverpflichtete die Auskunft früher verweigert hat. Die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit begründen keinen Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, wenn sie auf entschuldbarer Unkenntnis oder einem unverschuldeten Irrtum beruhen; anderes gilt nur, wenn sie bei gehöriger Sorgfalt hätten vermieden werden können. Auch eine objektiv unrichtige Wertangabe bestimmter Nachlassgegenstände im Verzeichnis kann grundsätzlich nicht den Vorwurf der mangelnden Sorgfalt begründen.
Rz. 47
Ist das Nachlassverzeichnis offensichtlich und nachweisbar unvollständig, besteht kein Anspruch auf eidesstattliche Versicherung, sondern ein Anspruch auf Ergänzung und Berichtigung.
Dies ist dann der Fall, wenn der Erbe trotz entsprechender Aufforderung das Verzeichnis ohne Zuziehung des Pflichtteilsberechtigten erstellt bzw. durch einen Notar erstellen lässt. Auch besteht ausnahmsweise ein Anspruch auf Ergänzung bzw. Berichtigung eines Nachlassverzeichnisses, wenn in diesem eine unbestimmte Mehrheit von Nachlassgegenständen nicht aufgeführt ist, wenn Angaben über den fiktiven Nachlass oder Schenkungen fehlen, wenn die Auskunft zwar dem Wissensstand des Verpflichteten entspricht, dieser sich jedoch fremdes Wissen trotz Zumutbarkeit nicht verschafft hat oder wenn sich der Notar auf die Wiedergabe der Bekundungen des Erben ohne eigene Ermittlungstätigkeit beschränkt.
Rz. 48
Ist das Bestandsverzeichnis unsorgfältig oder unvollständig erstellt, so kann es vor Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ergänzt werden. Durch Beheben der Mängel wird der Erbe von der Pflicht zur Rechenschaftslegung frei. Ebenso wie die Auskunftserteilung kann auch die eidesstattliche Versicherung in Teilakten abgegeben werden, wenn die Summe der Teilauskünfte die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellt.
Rz. 49
Die eidesstattliche Versicherung ist das einzige Zwangsmittel zur Sicherstellung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft, da ein Anspruch auf Überprüfung durch einen Sachverständigen oder durch Bucheinsicht gesetzlich nicht vorgesehen ist. Der Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist ausgeschlossen, wenn die Angelegenheit von geringer Bedeutung bzw. der beanstandete Mangel unbedeutend ist.
Rz. 50
Unter den Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 BGB ist der Erbe auch dann zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet, wenn die Auskunft nach § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses erteilt worden ist. Die Versicherung an Eides statt ist nicht auf die Angaben, die im Verzeichnis als solche des Erben gekennzeichnet sind, beschränkt. Hält der Erbe Ergänzungen oder Berichtigungen des notariellen Verzeichnisses für erforderlich, ist die an Eides statt zu versichernde Formel entsprechend anzupassen (vgl. § 261 BGB).
Rz. 51
Zuständig für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist nach § 410 Nr. 1 FamFG das Nachlassgericht am Wohnort des Verpflichteten, sofern die Abgabe freiwillig erfolgt, und dort der Rechtspfleger, § 3 Nr. 1 lit. b RPflG. Wird die eidesstattliche Versicherung nicht freiwillig abgegeben, sondern aufgrund eines rechtskräftigen Titels, z.B. als Teilurteil im Rahmen einer Stufenklage, ist die Zuständigkeit des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht (§ 764 Abs. 2 ZPO) begründet. Das dabei zu beachtende Verfahren ist in § 889 ZPO geregelt. Das Verfahren nach dem FamFG ist im Einvernehmen mit dem Anspruchsgläubiger jedoch auch noch während eines Rechtsstreits und sogar nach Erlass eines Urteils, mit dem der Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet wird, möglich.
Rz. 52
Ist der Erbe geschäftsunfähig, so hat der gesetzliche Vertreter, der die Auskunft erteilt hat, an Eides statt zu versichern, dass er die Auskunft nach bestem Wissen und Gewissen erteilt hat. Ein nicht prozessfähiger Schuldner kann bei der Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung auch durch einen Vorsorgebevollmächtigten vertreten werden. Allerdings ist ein Vorsorgebevollmächtigter anders als ein gerichtlich ...