1. Einleitung
Rz. 4
Der Auskunftsanspruch des pflichtteilsberechtigten Nichterben gem. § 2314 BGB soll diesem die notwendigen Kenntnisse zunächst über den Bestand und dann im Weiteren über den Wert des Nachlasses verschaffen, um ihm die Durchsetzung seiner Rechte zu ermöglichen. Anspruchsvoraussetzung ist insoweit nur das bestehende Pflichtteilsrecht, nicht aber ein konkreter Pflichtteilsanspruch. Eine Auskunfts- und Wertermittlungspflicht ist jedoch dann zu verneinen, wenn der Pflichtteilsanspruch unter keinen rechtlichen Gesichtspunkten besteht.
Rz. 5
Kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch jedoch nicht mehr geltend machen und steht dies fest, ist auch der Auskunftsanspruch hier nicht mehr gegeben. Gleiches gilt, sofern der Pflichtteilsanspruch dem Pflichtteilsberechtigten wirksam entzogen wurde.
2. Auskunftsberechtigter
Rz. 6
Gemäß § 2314 BGB ist nur der Pflichtteilsberechtigte, der selbst kein Erbe wurde, Anspruchsinhaber. Demnach ist der Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB auf folgenden Personenkreis beschränkt:
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Den gem. § 2303 BGB enterbten Pflichtteilsberechtigten; |
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den Pflichtteilsberechtigten, der nach §§ 2306 Abs. 1 S. 2, 2305, 1371 Abs. 3 BGB sein Erbe ausgeschlagen, den Pflichtteilsanspruch jedoch behalten hat; |
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den Pflichtteilsberechtigten, der mit einem Vermächtnis nach § 2307 BGB bedacht ist; |
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den Gläubiger, dem der Pflichtteilsanspruch gem. §§ 398, 2317 BGB abgetreten wurde. |
Hat ein Pflichtteilsberechtigter, der mit einem Vermächtnis in Höhe seines Pflichtteilsanspruch bedacht ist, das Vermächtnis angenommen, stehen ihm keine auf § 2314 BGB gestützten Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche zu, da endgültig feststeht, dass ein Pflichtteilsanspruch nicht mehr besteht. Gegebenenfalls besteht aber ein aus § 242 BGB resultierender Auskunftsanspruch auf Vorlage eines einfachen Nachlassverzeichnisses.
Rz. 7
Nicht auskunftsberechtigt ist jedoch der pflichtteilsberechtigte Miterbe, der sich insoweit auf den allgemeinen Auskunftsanspruch nach § 242 BGB verweisen lassen muss (siehe Rdn 100 ff.).
Rz. 8
Da auch der Nacherbe Erbe ist und ihm Auskunftsansprüche gem. §§ 2121, 2122, 2127 BGB zustehen, ist er kein Anspruchsberechtigter i.S.d. § 2314 BGB.
3. Auskunftsschuldner
Rz. 9
Auskunftsschuldner ist der Erbe, wobei mehrere Erben als Gesamtschuldner haften. Erteilt ein Miterbe die Auskunft mangelhaft, so haben sich dies die anderen Miterben zurechnen zu lassen. Ist Vor- und Nacherbschaft angeordnet, so ist bis zum Eintritt des Nacherbfalls nur der Vorerbe Auskunftsschuldner. Erst mit Eintritt des Nacherbfalls wird auch der Nacherbe zur Auskunft verpflichtet.
Rz. 10
Der Auskunftsanspruch ist persönlich durch den Erben zu erfüllen. Demzufolge richtet sich der Auskunftsanspruch auch bei Nachlassinsolvenz oder Nachlassverwaltung gegen den Erben. Entsprechend § 2213 Abs. 1 S. 3 BGB ist auch der Testamentsvollstrecker selbst nicht auskunftspflichtig. Allerdings steht dem Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker ein eigener Auskunftsanspruch nach § 2215 BGB zu, durch dessen Verwirklichung er in die Lage versetzt wird, seine Verpflichtung zu erfüllen. Ist der Erbe geschäftsunfähig, ist der Betreuer bzw. Vorsorgebevollmächtigte zur Auskunft verpflichtet.
Rz. 11
Der zu Lebzeiten des Erblassers Beschenkte, der selbst nicht Erbe ist, hat in erweiterter Auslegung des § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB Auskunft über alle selbst erhaltenen Geschenke zu erteilen. Hierdurch wird einerseits Rechnung getragen, dass der Erbe häufig über Schenkungen des Erblassers selbst keine Auskunft erteilen kann und der beschenkte Dritte im Rahmen des § 2329 BGB letztlich selbst für den Pflichtteilsergänzungsanspruch haftet.
Rz. 12
Praxishinweis
Im Gegenzug kann der wegen eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs in Anspruch genommene beschenkte Dritte bzw. der Erbe Auskunft von dem Pflichtteilsberechtigten im Hinblick auf sog. Eigengeschenke im Rahmen des § 2327 BGB verlangen. Da Schenkungen im Rahmen des § 2327 BGB auch über den Zehn-Jahres-Zeitraum hinaus zu beachten sind, sind hier die Angaben entsprechend auf alle zeitlebens erhaltenen Schenkungen zu erstrecken.
Auch der wegen Pflichtteilsforderung in Anspruch genommene Erbe hat nach § 242 BGB bzw. entsprechend § 2057 BGB einen Auskunftsanspruch gegen den Pflichtteilsberechtigten wegen erhaltener Vorempfänge gem. §§ 2315, 2316, 2050 ff. BGB, wenn er ohne entsprechende Kenntnis den Wert des Pflichtteils nicht ordnungsgemäß berechnen kann.