Norbert Schneider, Lotte Thiel
1. Verfahrensgebühr
Rz. 20
Für das Betreiben des Geschäfts (Vorbem. 3 Abs. 2 VV) erhält der Anwalt eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV.
Rz. 21
Für den Anwalt des Antragstellers entsteht die 1,3-Verfahrensgebühr bereits mit Einreichung des Antrags auf Ehescheidung.
Beispiel 4: Scheidungsverfahren ohne Termin
Der Anwalt reicht für die Ehefrau den Scheidungsantrag ein (Wert: 21.000,00 EUR). Später wird der Antrag wieder zurückgenommen, ohne dass verhandelt oder eine Besprechung geführt worden war.
Der Anwalt erhält lediglich eine 1,3-Verfahrensgebühr aus 21.000,00 EUR.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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964,60 EUR |
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(Wert: 21.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
984,60 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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187,07 EUR |
Gesamt |
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1.171,67 EUR |
Rz. 22
Soweit sich die Sache vorzeitig erledigt, bevor der Scheidungsantrag eingereicht worden ist, ermäßigt sich die Gebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV auf 0,8.
Beispiel 5: Scheidungsverfahren, vorzeitige Erledigung
Der Anwalt soll für die Ehefrau einen Scheidungsantrag einreichen. Zur Antragseinreichung kommt es jedoch nicht mehr, da die Eheleute sich versöhnt haben. Die Eheleute hatten ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 7.000,00 EUR; Kinder und Vermögen sind nicht vorhanden.
Der Anwalt erhält lediglich eine 0,8-Verfahrensgebühr aus 21.000,00 EUR.
1. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV |
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593,60 EUR |
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(Wert: 21.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
613,60 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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116,58 EUR |
Gesamt |
|
730,18 EUR |
Rz. 23
Für den Anwalt des Antragsgegners entsteht die 1,3-Verfahrensgebühr, sobald er den Gegenantrag stellt oder die Zustimmung zum Scheidungsantrag erklärt. Ferner genügt auch das Einreichen eines Schriftsatzes mit Sachvortrag (siehe Nr. 3101 Nr. 1 VV). Für die bloße Bestellung im Scheidungsverfahren entsteht für den Antragsgegner noch nicht die volle 1,3-Gebühr, sondern lediglich die 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV, wenn nicht später noch ein Schriftsatz eingereicht oder ein Termin wahrgenommen wird, der dann die volle Gebühr auslöst.
Rz. 24
War der Anwalt zuvor schon außergerichtlich tätig, ist die dort verdiente Geschäftsgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV hälftig, höchstens zu 0,75 anzurechnen.
2. Terminsgebühr
Rz. 25
Unter den Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 3 VV kommt eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV hinzu.
Rz. 26
Die Terminsgebühr entsteht nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV bei Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins.
Beispiel 6: Scheidungsverfahren mit Termin
Der Anwalt reicht für die Ehefrau den Scheidungsantrag ein (Wert: 9.000,00 EUR). Nach mündlicher Verhandlung wird die Ehe geschieden.
Der Anwalt erhält neben der 1,3-Verfahrensgebühr auch eine 1,2-Terminsgebühr aus 9.000,00 EUR.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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659,10 EUR |
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(Wert: 9.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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608,40 EUR |
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(Wert: 9.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.287,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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244,63 EUR |
Gesamt |
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1.532,13 EUR |
Rz. 27
Die Terminsgebühr entsteht ebenso nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV bei Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung.
Beispiel 7: Scheidungsverfahren mit Besprechung
Der Anwalt reicht für die Ehefrau den Scheidungsantrag ein (Wert: 9.000,00 EUR). Anschließend führen die Anwälte eine Besprechung. Daraufhin wird der Scheidungsantrag zurückgenommen, ohne dass es zu einer Aussöhnung kommt.
Der Anwalt erhält auch hier neben der 1,3-Verfahrensgebühr eine 1,2-Terminsgebühr aus 9.000,00 EUR. Abzurechnen ist wie im vorangegangenen Beispiel 6.
Rz. 28
Darüber hinaus kann die Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV auch dann anfallen, wenn im Scheidungsverfahren im Einverständnis der Beteiligten gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 128 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.
Beispiel 8: Scheidung im schriftlichen Verfahren
Die Scheidung wird am Wohnsitz der Beteiligten vor dem AG Kiel eingereicht. Nach Rechtshängigkeit ist der Ehemann nach München verzogen und die Ehefrau nach Saarbrücken. Das AG Kiel lässt beide Ehegatten im Wege der Rechtshilfe vor dem jeweiligen Wohnsitzgericht anhören. Nach Rückkehr der Akten entscheidet das Gericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. Der Wert der Ehesache wird auf 9.000,00 EUR festgesetzt.
Neben der Verfahrensgebühr entsteht gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV auch die Terminsgebühr aus dem Wert der Ehesache und der Folgesache. Abzurechnen ist wie im vorangegangenen Beispiel 7.
Rz. 29
Eine Ermäßigung der Terminsgebühr auf 0,5 nach Nr. 3105 VV ist möglich. Zwar kann dem Scheidungsantrag nicht durch einen Versäumnisbeschluss entsprochen werden (§ 130 Abs. 2 FamFG), jedoch kommt ein Versäumnisbeschluss in Betracht, wenn der Antragsteller nicht erscheint. Im Gegensatz zum...