Dr. iur. Stephanie Herzog
Rz. 46
Fordert ein Gläubiger vom Erben Erfüllung seiner Forderung, so wird man auch dem Erben, der sich auf § 1990 BGB berufen möchte, zugestehen müssen, den Gläubiger zunächst aufzufordern, seine angeblich gegenüber dem Erblasser bestehende Forderung zu substantiieren.
Ist der Erbe der Ansicht, die Forderung bestehe nicht, so mag er auf weiteren Nachweis bestehen, es ggf. sogar auch auf einen Prozess ankommen lassen. Dann muss er sich dessen bewusst sein, dass zwar die eigentliche Forderung (reine) Nachlassverbindlichkeit bleibt; die Folgekosten der Rechtsabwehr (Rechtsanwalts-, Gerichtskosten) aber Eigenverbindlichkeiten sind, für die er die Haftung nicht auf den Nachlass beschränken kann. Andererseits könnte ein leichtfertiges Anerkennen der Forderung auch eine Haftung aus § 1978 BGB auslösen, da er ggf. unberechtigt einen weiteren Konkurrenten für die anderen Nachlassgläubiger anerkennen würde und ggf. auch den Nachlass zu seinen Gunsten und damit (§ 1979 BGB) zu Lasten der anderen schmälern würde.
Rz. 47
Kann der Erbe nach dem Vortrag des Gläubigers davon ausgehen, dass die Forderung gegenüber dem Erblasser bestand und sie gemäß § 1967 BGB auf den Erben übergegangen ist, so kann der Erbe sich, ohne zuvor Nachlassinsolvenz beantragen zu müssen, auf § 1990 BGB berufen, wenn er davon ausgehen kann, dass der Nachlass dürftig ist. In diesem Fall ist der Erbe gut beraten, die Forderung als solche sofort anzuerkennen, um dem Gläubiger keine Veranlassung zur Klageerhebung zu geben. Denn nur dann kann er im Falle eines späteren Prozesses die positive Kostenfolge des § 93 ZPO für sich in Anspruch nehmen. Gleichzeitig wird der Erbe die Einrede der beschränkten Erbenhaftung gegenüber dem Gläubiger erheben, um eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden und eine einvernehmliche Lösung zu finden.
Hinweis
Z.T. reagieren Gläubiger, insbesondere Banken, auf die Leistungsverweigerung des Erben unter Berufung auf die Einrede des § 1990 BGB mit der Drohung, dies an die Schufa heranzutragen. Diese Drohung ist ohne jede Substanz, beruft sich der Erbe doch nur auf sein Recht. Eine gleichwohl erfolgte Schufa-Eintragung ist unzulässig. Der Erbe kann sich hiergegen mit einer Klage gestützt auf §§ 1004 analog, 823 Abs. 1 BGB zur Wehr setzen; ggf. verbunden mit einstweiligem Rechtsschutz nach §§ 935, 940 ZPO. Alternativ oder kumulativ kann die Schufa Holding AG, Postfach 5640 in 30056 Hannover, angehalten werden, die unzutreffende Angabe zu löschen.
Rz. 48
Auch wenn die Haftungsbeschränkungsmaßnahmen nach dem gesetzlichen Leitbild – das auf den streitigen Fall ausgerichtet ist – grds. erst bis zur Abwehr der Zwangsvollstreckung herbeigeführt sein müssen, wird der beweisbelastete Erbe die Dürftigkeit gegenüber den Gläubigern bereits jetzt nachweisen, wenn er eine außergerichtliche Lösung anstrebt. Liegt ihm ein Beschluss vor, der den Antrag auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens bzw. auf Anordnung einer Nachlassverwaltung mangels Masse ablehnt, oder ein entsprechender Einstellungsbeschluss, so kann er den Nachweis allein hierdurch führen.