Dr. iur. Stephanie Herzog
Rz. 68
Hat ein Aufgebotsverfahren stattgefunden (siehe oben § 7 Rdn 50), so kann der (Mit-)Erbe die Erfüllung von solchen Forderungen, die durch den Ausschließungsbeschluss ausgeschlossen sind, insoweit verweigern, als der Nachlass durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubigerforderungen erschöpft wird, § 1973 Abs. 1 S. 1 BGB, sog. Ausschließungseinrede. Die Ausschließungseinrede kann von jedem Miterben unabhängig von den anderen erhoben werden, auch von denen, die das Aufgebotsverfahren nicht betrieben haben, da diese ihnen gegenüber Wirkung entfaltet.
Hinweis
Ferner haften Miterben nach der Teilung ausgeschlossenen Gläubigern nur noch für den ihrem Erbteil entsprechenden Teil der Nachlassverbindlichkeit und nicht mehr als Gesamtschuldner, § 2060 Nr. 1 BGB.
Rz. 69
Ferner kann die Einrede erhoben werden vom Nachlasspfleger, Nachlassverwalter und dem verwaltenden Testamentsvollstrecker.
Rz. 70
a) Betroffen von der Ausschließungseinrede sind grds. sämtliche Nachlassgläubiger, die ihre Forderung nicht im Aufgebotsverfahren angemeldet haben, mit Ausnahme der in §§ 1971 (Pfandgläubiger und solche, die ihnen nach §§ 50, 51 InsO gleichstehen, Gläubiger nach § 10 ZVG, solche die durch Vormerkung gesichert sind, und solche, denen ein Aussonderungsrecht zusteht; ergänzend gilt § 175 ZVG), 1972 BGB (sog. nachlassbeteiligte Gläubiger wie Pflichtteilsberechtigte, Vermächtnisnehmer und Auflagenbegünstigte) genannten.
Rz. 71
b) Die ausgeschlossenen Forderungen erlöschen also nicht; sie sind nur mit einer Einrede behaftet: Den ausgeschlossenen Gläubigern haftet der jeweilige Erbe nur mit dem Nachlass und zwar (von Anfang an nur) nach Bereicherungsgrundsätzen.
Hinweis
Der Erbe haftet den ausgeschlossenen Gläubigern gegenüber von Anfang an nicht nach §§ 1978 ff. BGB, sondern nur nach § 818 BGB; ihnen gegenüber besteht auch keine Insolvenzantragspflicht.
Rz. 72
Im Übrigen besteht ein Leistungsverweigerungsrecht.
Hinweis
So der Erbe unter dem Druck der Zwangsvollstreckung eine Zahlung, die darüber hinausgeht, tätigt, kann er diese nach §§ 812, 813, 814 BGB zurückverlangen. Kann er auf diese Weise den Nachlass nicht auffüllen, haftet er den nicht ausgeschlossenen Gläubigern nach § 1978 BGB.
Rz. 73
Der Erbe muss den ausgeschlossenen Gläubigern nur den Überschuss des Nachlasses zum Zwecke der Zwangsvollstreckung herausgeben, § 1973 Abs. 2 S. 1 BGB.
Hinweis
Zu diesem Zweck hat der Erbe ein Bestandsverzeichnis nach § 260 BGB vorzulegen. Ein Anspruch auf Rechnungslegung nach §§ 666, 259 BGB besteht aber mangels Haftung aus § 1978 BGB nicht.
Rz. 74
Der Anspruch des Gläubigers ist weiterhin auf Leistung des ursprünglich Geschuldeten gerichtet. Dass er sich letztlich auf Duldung der Zwangsvollstreckung richtet, ist keine Umwandlung, sondern nur eine Beschränkung des Anspruchs. Der Erbe kann den Anspruch auf Leistung des ursprünglich Geschuldeten somit durch Erhebung der Einrede des § 1973 BGB, also auf Herausgabe zum Zwecke der Zwangsvollstreckung, beschränken. Dies wiederum kann er gemäß § 1973 Abs. 2 S. 2 BGB durch Zahlung des Wertes der noch vorhandenen Nachlassgegenstände (bis zur Höhe der geltend gemachten Forderung) abwenden; dabei wird der Wert durch Schätzung festgelegt.
Rz. 75
c) Der Erbe hat folglich zuerst die nicht ausgeschlossenen Gläubiger und sodann die in § 1971 BGB genannten zu befriedigen, sodann die ausgeschlossenen Gläubiger. Die ausgeschlossenen Nachlassgläubiger werden also auf dasjenige verwiesen, was im Nachlass nach der Erfüllung der angemeldeten Verbindlichkeiten der nicht ausgeschlossenen Gläubiger noch vorhanden ist. Soweit der Erbe entreichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB, etwa auch wegen Luxusaufwendungen), kann er dies dem ausgeschlossenen Gläubiger nachlassmindernd entgegenhalten.
Rz. 76
Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen hat der Erbe nach den Forderungen der ausgeschlossenen Gläubiger zu befriedigen, § 1973 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB. Ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber den nachlassbeteiligten Gläubigern besteht aber außerhalb der Nachlassinsolvenz und § 1990 BGB nicht. Hat der Erbe nachlassbeteiligte Gläubiger bereits befriedigt, können dies der Insolvenzverwalter nach § 322 InsO bzw. die übrigen Gläubiger nach § 5 AnfG anfechten. Wenn allerdings ein ausgeschlossener Gläubiger seine Forderung erst nach der Befriedigung der genannten Ansprüche geltend macht, so gehen diese vor, § 1973 Abs. 1 S. 2 letzter Hs. BGB. Der Nachlassgläubiger muss dann die Befriedigung als für Rechnung des Nachlasses, sprich nachlassmindernd, gegen sich gelten lassen.
Rz. 77
Bei der Befriedigung verschiedener ausgeschlossener Gläubiger selbst ist der Erbe an keine Reihenfolge gebunden. Nur solche, bezüglich derer ein rechtskräf...