Rz. 19

 

Hinweis

Zur historischen Entwicklung vgl. auch die Ausführungen in Kapitel 8 (siehe § 8 Rn 4).

 

Rz. 20

Die Rechtsprechung differenziert nicht immer sauber zwischen Unterhaltsschaden (§ 844 BGB) bzw. Haushaltsführungsschaden (§§ 842, 843 BGB)/Betreuungsschaden (§ 844 BGB) einerseits und dem Anspruch wegen entgangener Dienste (§ 845 BGB) andererseits.[12] Ursache ist u.a. die historische Entwicklung des Anspruches wegen beeinträchtigter Dienstleistung im Haushalt.

 

Rz. 21

Nach der ursprünglichen Fassung des BGB war die ""Ehefrau zu Arbeiten im Hauswesen und im Geschäft des Mannes"" (§ 1356 II BGB a.F.) verpflichtet.[13] War sie wegen eines Haftpflichtgeschehens dazu nicht (nicht mehr) in der Lage, stand nur dem Ehemann (und nicht etwa der verletzten Ehefrau) ein Anspruch nach § 845 BGB wegen Entziehung familienrechtlich geschuldeter Dienste zu. Nach dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes[14] ist der Ehemann bei Verletzung oder Tötung seiner Ehefrau nicht mehr berechtigt, vom verantwortlichen Schädiger unter dem Gesichtspunkt entgangener Dienste nach § 845 BGB Schadenersatz zu verlangen; vielmehr ist sein Schadenersatzanspruch nur noch nach der Beeinträchtigung seines Unterhaltsrechts gemäß § 844 II BGB zu beurteilen; die Rechtsprechung ist dementsprechend weiterentwickelt worden.[15] Diese Systemänderung bedeutete gleichzeitig auch den Wechsel in der Person des Ersatzberechtigten:[16] Der mittelbar betroffene Ehegatte verlor seinen Anspruch aus § 845 BGB (entgangene Dienste); der verletzte Partner erwarb nunmehr einen eigenen Erwerbsschadenanspruch (§§ 842, 843 I 1 BGB a.F.).[17]

 

Rz. 22

§ 845 BGB ist durch die Rechtsentwicklung weitgehend überholt und hat an praktischer Bedeutung verloren, seitdem die Mitarbeit des Ehegatten/Lebenspartners im Haushalt und/oder im Geschäft/Betrieb des anderen Partners als Beitrag zum Familienunterhalt und nicht als eine dem anderen Partner geschuldete Dienstleistung verstanden wird. Die Vorschrift hat allenfalls noch in der Landwirtschaft eine geringe praktische Bedeutung.[18]

[12] BGH v. 24.6.1969 – VI ZR 53/67 – MDR 1969, 920 = NJW 1969, 2007 (Anm. Kilian) = VersR 1969, 952 (Der den Eltern bei Tötung ihres Kindes erwachsene Schadenersatzanspruch wegen entzogener Dienste [§ 1617 BGB] folgt aus § 845 BGB und ist nicht als Beeinträchtigung eines Unterhaltsrechts zu beurteilen).
[13] Zur historischen Entwicklung siehe Jahnke "Versorgungsschaden in der nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft nach einem Unfall" NZV 2007, 329 (zu V.2.b); Röthel "Ehe und Lebensgemeinschaft im Personenschadenrecht" NZV 2001, 329 (333, zu IV.1) sowie Küppersbusch/Höher, Rn 180 f. (Fn 425, 426).
[14] Gleichberechtigungsgesetz v. 18.7.1957 BGBl I 1957, 609; erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts v. 14.6.1976 BGBl I 1976, 1421.
[15] BGH v. 16.2.1970 – III ZR 183/68 – BB 1970, 1115 = NJW 1970, 1127 = VersR 1970, 522; BGH (GrS) v. 9.7.1968 – GSZ 2/67 – BB 1968, 974 = BGHZ 50, 304 = DAR 1969, 18 = DB 1968, 1620 = FamRZ 1968, 507 (Anm. Bosch) = JR 1969, 100 (Anm. Bökelmann) = JZ 1969, 517 = MDR 1968, 821 = NJW 1968, 1823 = VersR 1968, 852; BGH v. 25.9.1962 – VI ZR 244/61 – BGHZ 38, 55.
[16] BGH v. 9.7.1968 – GSZ 2/67 – BB 1968, 974 = BGHZ 50, 304 = DAR 1969, 18 = DB 1968, 1620 = FamRZ 1968, 507 (Anm. Bosch) = JR 1969, 100 (Anm. Bökelmann) = JuS 1969, 92 = JZ 1969, 517 = MDR 1968, 821 = NJW 1968, 1823 = VersR 1968, 852.
[17] BGH v. 20.5.1980 – VI ZR 202/78 – BGHZ 77, 157 = DAR 1980, 338 = DB 1980, 2285 = FamRZ 1980, 776 = JR 1980, 508 (nur Ls.) = JuS 1981, 294 (Anm. Emmerich) = MDR 1980, 924 = NJW 1980, 2196 = VersR 1980, 921 = VRS 59, 177 = zfs 1980, 300 (Auch der Witwer kann seinen Anspruch wegen der "Dienste" nicht mehr auf § 845 BGB stützen, sondern nur auf § 844 II BGB); BGH v. 11.7.1972 – VI ZR 194/70 – BB 1972, 1161 = BGHZ 59, 172 = MDR 1972, 941 = NJW 1972, 2217 = VersR 1972, 1075; BGH v. 9.7.1968 – GSZ 2/67 – BB 1968, 974 = BGHZ 50, 304 = DAR 1969, 18 = DB 1968, 1620 = FamRZ 1968, 507 (Anm. Bosch) = JR 1969, 100 (Anm. Bökelmann) = JuS 1969, 92 = JZ 1969, 517 = MDR 1968, 821 = NJW 1968, 1823 = VersR 1968, 852 (Nach dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes ist der Ehemann nicht mehr berechtigt, von dem verantwortlichen Schädiger Schadenersatz nach § 845 BGB wegen Behinderung der verletzten Ehefrau in der Haushaltsführung zu verlangen); BGH v. 25.9.1962 – VI ZR 244/61 – BGHZ 38, 55 = FamRZ 1962, 463 = NJW 1962, 2248 = VersR 1962, 1107.
[18] Bamberger/Roth- Spindler, § 845 Rn 1; Erman- Schiemann, § 845 Rn 1; Wussow-Dressler, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl. 2002, Kap. 51 Rn 5; Wussow-Zoll, Kap. 51 Rn 7.

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