a) Ausfertigung des erteilten Erbscheins

 

Rz. 12

Der Gläubiger kann sich mit Hilfe der Vorlage einer Ausfertigung des vollstreckbaren Titels nach § 357 Abs. 2 FamFG von einem bereits erteilten Erbschein beim Nachlassgericht (des letzten Wohnsitzes des Erblassers) eine Ausfertigung erteilen lassen.[12]

Das Recht auf Akteneinsicht und auf Erteilung von Abschriften und Ausfertigungen ist in §§ 13, 357 Abs. 2 FamFG geregelt.

[12] Vgl. Formulierungsbeispiel bei Krug/Rudolf/Kroiß/Bittler, Anwaltformulare ErbR, § 11 Rn 36 f.

b) Erbscheinserteilung auf Antrag des Gläubigers

 

Rz. 13

Ist ein Erbschein noch nicht erteilt, so kann der Gläubiger – wenn er bereits im Besitz eines Titels ist – sogar das Erbscheinsverfahren betreiben; er hat ein eigenes Antragsrecht nach §§ 792, 896 ZPO und kann sogar die nach § 2356 Abs. 2 BGB erforderliche eidesstattliche Versicherung abgeben.[13] Dies gilt auch für das Finanzamt als Gläubiger einer Steuerschuld.[14]

Handelt es sich bei dem Gläubiger um eine juristische Person, so ist die eidesstattliche Versicherung vom gesetzlichen Vertreter abzugeben, eine rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung ist im Grundsatz nicht zulässig.[15]

Auch im Fall der Beantragung eines Erbscheins durch den Gläubiger gem. § 792 ZPO handelt es sich bei dem Formerfordernis gem. § 2356 Abs. 2 S. 1 BGB um ein solches, das regelmäßig einzuhalten ist.[16]

 

Rz. 14

Gleichwohl kann es im Einzelfall geboten sein, gem. § 2356 Abs. 2 S. 2 BGB dem Gläubiger die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung zu erlassen, wenn sie nicht erforderlich ist. Die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung dient der Glaubhaftmachung der im Antrag angegebenen Umstände. Der in zulässiger Weise gestellte Antrag löst die Pflicht des Nachlassgerichts gem. § 2358 BGB zur umfassenden Ermittlung von Amts wegen aus. Das Nachlassgericht hat dann den Erbschein gem. § 2359 BGB zu erteilen, wenn es die zur Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Weil man von einem Gläubiger – anders als von einem Erben – nicht erwarten kann, dass ihm alle für das Erbrecht des Erben maßgeblichen Umstände aufgrund der familiären Verhältnisse bekannt sind, kommt der Amtsermittlungsverpflichtung im Falle der Beantragung eines Erbscheins durch den Gläubiger gem. § 792 ZPO besondere Bedeutung zu.[17] Die Anforderungen an die Angaben des Gläubigers dürfen damit nicht überspannt werden.

 

Rz. 15

Steht aufgrund der nicht in Zweifel zu ziehenden Angaben des Gläubigers fest, dass deren vertretungsberechtigte Organe keinerlei Kenntnisse von den das Erbrecht auslösenden bzw. beeinflussenden Umständen haben, erschiene das Bestehen auf der Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung gem. § 2356 Abs. 2 S. 1 BGB als bloße Förmelei.[18] Dabei ist insbesondere zu beachten, dass sich die eidesstattliche Versicherung des Gläubigers allein auf seine Kenntnis und sein Wissen, nicht aber auf ein gegebenenfalls noch in Kenntnis zu bringendes Wissen des Erben bezieht.[19] Die eidesstattliche Versicherung gem. § 2356 Abs. 2 S. 1 BGB ist lediglich darauf gerichtet, dass dem Gläubiger nichts bekannt sei, was der Richtigkeit seiner Angaben entgegenstünde. Bietet zudem der maßgeblich mit der Sache befasste rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung mit dem Inhalt des § 2356 Abs. 2 S. 1 BGB an, so ist die Ermessensentscheidung des § 2356 Abs. 2 S. 2 BGB dahingehend auszuüben, dass jedenfalls die eidesstattliche Versicherung durch den Gläubiger erlassen werden muss.[20]

 

Rz. 16

Die verfahrensrechtlichen Rechte der Erben werden gewahrt, weil das Nachlassgericht nach § 2358 BGB bzw. §§ 26, 29, 30 FamFG von Amts wegen zu ermitteln und dabei auch nach Art. 103 GG rechtliches Gehör zu gewähren hat. In streitigen Fällen sieht § 2360 BGB eine besondere Anhörung vor.

Ein Gläubiger hat im Erbscheinsverfahren seine Rechtsstellung nachzuweisen, die auch in der Verfahrensvoraussetzung Antragsrecht voll geprüft werden muss.[21]

Das Erbscheinsverfahren ist in §§ 342 ff. FamFG geregelt.

 

Rz. 17

Auf Antrag eines Nachlassgläubigers hat das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn die Erbschaft entweder noch nicht angenommen oder der Erbe unbekannt oder ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat, § 1961 BGB. Dies korrespondiert mit der Vorschrift des § 1958 BGB, wonach vor der Annahme der Erbschaft eine Klage gegen den Erben als unzulässig abzuweisen wäre. Die Klagepflegschaft dient dazu, diesen Zeitraum für einen Gläubiger, der seinen Anspruch gegen den Nachlass geltend machen will, zu überbrücken. Dass ein Bedürfnis der Nachlasssicherung besteht, ist, anders als bei § 1960 Abs. 1 BGB, nicht Voraussetzung; an die Stelle des Fürsorgebedürfnisses tritt ein Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers, das sich grundsätzlich bereits aus der Tatsache ergibt, dass er einen Anspruch gegen den Nachlass geltend machen will.[22] Antragsberechtigt ist, wer die Absicht vorträgt, einen Anspruch gegen den Nachlass notfalls gerichtlich geltend machen zu wollen. Nicht nötig ist, dass die gerichtliche Durchsetzung in erster Linie in Aussicht geno...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?