1. Vor Annahme der Erbschaft

 

Rz. 58

Gemäß § 1958 BGB kann eine Nachlassverbindlichkeit vor Annahme der Erbschaft nicht eingeklagt werden; dabei handelt es sich um eine Zulässigkeitsvoraussetzung, die von Amts wegen zu beachten ist. Eine Klage, die dies missachtet, wäre als unzulässig abzuweisen. Deshalb hat auch ein Kläger die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, wenn der beklagte Erbe nach Klagezustellung die Erbschaft ausschlägt.[56] Die Einlassung auf Passivprozesse gilt ebenso wie die Führung von Aktivprozessen in der Regel als Annahme der Erbschaft. Nach der Annahme greifen die §§ 1967 ff., 2014 ff. BGB ein.

Die Klagepflegschaft: Auf Antrag eines Nachlassgläubigers hat das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn die Erbschaft entweder noch nicht angenommen oder der Erbe unbekannt oder ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat, § 1961 BGB. Dies korrespondiert mit der Vorschrift des § 1958 BGB, wonach vor der Annahme der Erbschaft eine Klage gegen den Erben als unzulässig abzuweisen wäre. Die Klagepflegschaft dient dazu, diesen Zeitraum für einen Gläubiger, der seinen Anspruch gegen den Nachlass geltend machen will, zu überbrücken. Sollte über einen Erbscheinsantrag wegen tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (noch) nicht entschieden werden können, kann für die Durchführung der Zwangsvollstreckung ebenfalls ein Nachlasspfleger bestellt werden.[57] Besonders hinzuweisen ist darauf, dass auch Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer Nachlassgläubiger sind und deshalb eine Klagepflegschaft beantragen können, um ihre Ansprüche geltend zu machen.

Das Beschwerdeverfahren ist in §§ 58 ff. FamFG geregelt.[58] Beschwerdewert: über 600 EUR, § 61 Abs. 1 FamFG.

Zur Problematik des besonderen Vollstreckungsvertreters gem. § 779 Abs. 2 ZPO siehe unten Rdn 89.

[57] LG Oldenburg RPfleger 1982, 105.
[58] FGG-ReformG v. 17.12.2008, BGBl I, S. 2586.

2. Nach Annahme der Erbschaft

 

Rz. 59

Wenn der Erbe seine Möglichkeit der Beschränkung der Haftung auf den Nachlass wahrnehmen will, muss er ebenfalls die Aufnahme eines Vorbehalts in das Urteil nach § 780 ZPO beantragen.[59]

Kosten des Rechtsstreits: Es entspricht allgemeiner Meinung, dass Kosten eines Rechtsstreits, den der Erbe im Hinblick auf den Nachlass führt, Nachlasserbenschulden (= Verbindlichkeiten, die der Erbe bei der Verwaltung des Nachlasses eingeht) sind, und dass deshalb ein Vorbehalt der Beschränkung der Erbenhaftung sich nur auf die Hauptsache, nicht aber auf die Kosten bezieht (die persönliche Haftung des Erben schließt die Aufnahme des Vorbehalts aus).[60] Nachlassverbindlichkeiten sind allerdings die Kosten, die noch in der Person des Erblassers entstanden sind, gleichgültig ob es sich die Kosten eines schon abgeschlossenen oder um bis zur Aufnahme des Prozesses durch den Erben angefallenen Kosten handelt. Insoweit kann ein Haftungsvorbehalt ausgesprochen werden.[61]

Will der Erbe der persönlichen Haftung wegen der Kosten der gerichtlichen Geltendmachung entgehen, dann bleibt ihm nur der Weg, unter den Voraussetzungen des § 93 ZPO den Anspruch unter Vorbehalt der Beschränkung der Erbenhaftung anzuerkennen.[62]

 

Rz. 60

 

Hinweis

Will der Erbe seine Haftung auch bezüglich der Kosten des Rechtsstreits auf den Nachlass beschränken, so muss der Haftungsbeschränkungsvorbehalt auch bezüglich der Kostenentscheidung des Urteils in den Tenor aufgenommen werden, eine Nachholung im Kostenfestsetzungsverfahren ist nicht mehr möglich.[63]  

 

Rz. 61

Für die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss (§ 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) gelten nach § 795 S. 1 ZPO die Vorschriften der §§ 724 bis 793 ZPO entsprechend. Dies bedeutet, dass für den Einwand der beschränkten Haftung die §§ 786, 785, 780, 767 ZPO gelten. Die damit grundsätzlich mögliche Vollstreckungsabwehrklage scheitert aber daran, dass der Kostenschuldner mit dem von ihm erhobenen Einwand der Haftungsbeschränkung nach §§ 780 Abs. 1, 767 Abs. 2 ZPO präkludiert ist, wenn er sich diese Haftungsbeschränkung nicht hat vorbehalten lassen.

Dazu das OLG Köln:[64]

Zitat

"Soweit in der Kommentarliteratur gelegentlich undifferenziert ausgeführt wird, die Vorschrift des § 767 II ZPO sei bei Kostenfestsetzungsbeschlüssen nicht anwendbar (z.B. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 795 RN 1), ist dies in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Ob ein Einwand mit der Vollstreckungsgegenklage noch geltend gemacht werden kann, hängt vielmehr jeweils davon ab, ob er vor Schaffung des früheren Titels, der der Rechtskraft fähig ist (was für Kostenfestsetzungsbeschlüsse zutrifft, vgl. BGH MDR 1976, 914 = RPfleger 1976, 354 – juris TZ 15), bereits entstanden war und bei Schaffung dieses Titels hätte berücksichtigt werden können. Sind beide Voraussetzungen erfüllt, tritt gem. § 767 II ZPO Präklusion ein. … In den Kostenfestsetzungsbeschluss hätte die Haftungsbeschränkung nur aufgenommen werden können, wenn sie bereits das Urteil, das die für die Festsetzung maßgebende Kostengrundentscheidung aussprach, enthalten hätte (allg. Meinung; vgl. nur OLG Kob...

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