a) Geschäftsführungsverhältnisse
Rz. 121
Neben den besonderen erbrechtlichen Auskunftsansprüchen sind auch die allgemeinen Auskunftsansprüche des Zivilrechts für das Erbrecht von Bedeutung. Eine im Allgemeinen auf § 242 BGB gestützte Auskunftspflicht gibt es grundsätzlich nicht, vielmehr bedarf es einer konkreten Sonderverbindung zwischen Auskunftsschuldner und Auskunftsgläubiger. Nur ausnahmsweise dient § 242 BGB als Auffangtatbestand. Das Gesamthandsverhältnis der Miterben untereinander – etwa aus § 2038 BGB – ist nach h.M. kein Rechtsverhältnis, das eine allgemeine Auskunftspflicht der Miterben untereinander begründen würde.
Der wohl wichtigste gesetzliche Auskunftsanspruch, der auch unmittelbare Geltung im Erbrecht hat, ist in § 666 BGB geregelt: Der Beauftragte ist u.a. verpflichtet, über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen. Verweisungen auf diese "Mustervorschrift" finden sich für Rechtsverhältnisse mit Auftragscharakter; im Erbrecht sind dies insbesondere folgende Fälle:
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Auskunftsanspruch der Nachlassgläubiger gegen den Erben nach Anordnung der Nachlassverwaltung oder des Nachlassinsolvenzverfahrens, § 1978 Abs. 1 BGB; |
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Auskunftsansprüche der Miterben gegen denjenigen Miterben, der im Rahmen seines Notverwaltungsrechts nach § 2038 Abs. 1 BGB Verwaltungsmaßnahmen für den Nachlass getroffen hat; |
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Auskunftsrechte des Erben gegen den Testamentsvollstrecker, § 2218 BGB; |
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Auskunftsrechte der Miterben gegenüber einem einzelnen Miterben, der vom Erblasser beauftragt war und gem. § 666 BGB anstelle gegenüber dem Erblasser nunmehr gegenüber den anderen Miterben zur Rechenschaft verpflichtet ist. |
b) Abgrenzung Auftrag/Gefälligkeitsverhältnis bei Erteilung einer Vorsorge-Kontovollmacht; Darlegungs- und Beweislast bei § 667 BGB
Rz. 122
OLG Schleswig, Urt. v. 18.3.2014:
Zitat
1. Bei der Erteilung einer umfassenden Vorsorgevollmacht für ein Kind des Vollmachtgebers wird in der Regel nicht von einem bloßen Gefälligkeitsverhältnis, sondern von einem Auftragsverhältnis auszugehen sein.
2. Die Erteilung eines schriftlichen Auftrags an ein Kind des Vollmachtgebers, drei Konten aufzulösen, von dem Guthaben Goldbarren zu kaufen und diese dem Vollmachtgeber auszuhändigen, spricht für das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens und gegen ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis.
3. Im Fall von § 667 BGB trifft die Darlegungs- und Beweislast für die auftragsgemäße Verwendung bzw. Herausgabe des Erlangten dem Bevollmächtigten. Eine Ausnahme ist nach § 242 BGB nur dann anzunehmen, wenn es um regelmäßig getätigte Kontoabhebungen von Beträgen geht, die für das tägliche Leben des Auftraggebers erforderlich erscheinen, und wenn jahrelang wegen des Vertrauensverhältnisses Abrechnungen oder Quittungen nicht verlangt worden sind.
c) Auftragsverhältnis in familiären und engen personalen Beziehungen
Rz. 123
BGH: Auch in Beziehungen mit sonstigem familiären oder personalen Einschlag können die auftragsrechtlichen Bestimmungen Anwendung finden. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen ein Familienmitglied einen Angehörigen pflegt.
Die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rechnungslegung kann gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn ihn der Berechtigte jahrelang nicht erhoben hat. Jedoch kann auch in einem solchen Falle die Nachholung verlangt werden, wenn der Berechtigte Tatsachen nachweist, die geeignet sind, Zweifel an der Zuverlässigkeit des Pflichtigen und seiner Geschäftsführung zu erwecken.
Rz. 124
Das eine Rechnungslegungspflicht auslösende Auftragsverhältnis kann nicht schon aus einer bloßen Bevollmächtigung als solcher abgeleitet werden. Sie betrifft regelmäßig nur das rechtliche Dürfen nach außen. Erforderlich ist die Einigung darüber, dass jemand für einen anderen in dessen Angelegenheiten tätig wird und pflichtgemäß tätig werden muss.
Der Grundsatz, wonach Ehegatten regelmäßig kein Auftragsverhältnis untereinander begründen, gilt wegen des die Ehe prägenden besonderen Vertrauensverhältnisses nicht pauschal für andere Angehörigenbeziehungen. Entscheidend sind vielmehr alle Umstände des Einzelfalles.
d) Auftragsverhältnis nur bei rechtsgeschäftlichem Bindungswillen
Rz. 125
OLG Köln, Beschl. v. 11.5.2017:
Zitat
"…Entscheidend für die Annahme eines Auftragsverhältnisses ist, ob anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, dass sich die Parteien rechtsgeschäftlich binden wollten (OLG Zweibrücken, Urt. v. 9.9.2004, Az.: 4 U 169/03 in OLGR Zweibrücken 2005, 132; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.3.2006, Az.: 4 U 102/05 in ZEV 2007, 184). Insoweit ist zu berücksichtigen, ob die Erteilung einer Vollmacht aufgrund eines besonderen Vertrauens erfolgt. Im Rahmen eines solchen besonderen Vertrauensverhältnisses wird in der Regel keine Auskunft oder Rechenschaft verlangt. Der Andere soll grundsätzlich nicht im Nachhinein dem...