a) Allgemeines Akteneinsichtsrecht
Rz. 95
Für alle FG-Verfahren und damit auch für die verschiedenen Nachlassverfahren bestimmt § 13 FamFG, dass jedem die Einsicht in die Nachlassakten gestattet werden kann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht. Dies gilt auch für die Erteilung unbeglaubigter oder beglaubigter Abschriften aus den Nachlassakten. Dabei entscheidet das Nachlassgericht nach pflichtgemäßem Ermessen.
Rz. 96
Das auf § 13 Abs. 2 FamFG gestützte Gesuch auf Akteneinsicht in einer Nachlasssache erfordert die Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses, das sich nicht auf ein bereits vorhandenes Recht stützen muss, sondern schon dann vorliegt, wenn ein künftiges Verhalten des Antragstellers durch die Aktenkenntnis beeinflusst sein kann – wie bspw. bei den Kindern des nichtehelichen Sohnes des Erblassers.
Rz. 97
Für die Einsicht in ein eröffnetes Testament und die Erteilung einer Abschrift davon ist gem. §§ 357 Abs. 1, 13 Abs. 3 FamFG ein rechtliches Interesse glaubhaft zu machen. Jeder, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, kann hiernach also ein eröffnetes Testament einsehen und eine beglaubigte Abschrift davon verlangen. Die Entscheidung über die Akteneinsicht Dritter gem. §§ 13 Abs. 2, 357 Abs. 1 FamFG ist ein Akt der Rechtsprechung und kein Justizverwaltungsakt. Das folgt aus § 13 Abs. 7 FamFG, wonach im Gegensatz zu § 299 Abs. 2 ZPO das Gericht und nicht der Gerichtsvorstand über die Akteneinsicht zu entscheiden hat. Nichts anderes gilt, wenn das Nachlassgericht nach gewährter Akteneinsicht die Fertigung von Ablichtungen aus den Akten verweigert. Das Gleiche gilt für die Entscheidung über die Fertigung von Ablichtungen aus den Akten. Statthaftes Rechtsmittel ist die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG.
Rz. 98
Gemäß § 13 Abs. 2 FamFG kann an dem Verfahren unbeteiligten Personen Akteneinsicht nur gestattet werden, soweit sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen und schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten nicht entgegenstehen. Berechtigtes Interesse ist jedes vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse tatsächlicher, wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Art, das sich nicht auf vorhandene Rechte zu gründen oder auf das Verfahren zu beziehen braucht. Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, kann in eine eröffnete Verfügung von Todes wegen Einsicht nehmen, § 357 Abs. 1 FamFG. Ein rechtliches Interesse ist enger als ein berechtigtes Interesse. Es setzt ein auf Rechtsnormen beruhendes oder durch solche geregeltes, gegenwärtig bestehendes Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache voraus. Für die Einsicht in Nachlassakten ist ein berechtigtes Interesse regelmäßig dann gegeben, wenn der Antragsteller darlegt und glaubhaft macht, dass er als gesetzlicher oder testamentarischer Erbe, als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer in Betracht kommt.
Rz. 99
Ein berechtigtes Interesse zur Einsicht in die Nachlassakten hat, wer glaubhaft macht, dass er als
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gesetzlicher Erbe oder |
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testamentarischer Erbe, |
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Pflichtteilsberechtigter oder |
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Vermächtnisnehmer oder |
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sonstiger Nachlassgläubiger |
in Betracht kommt.
Rz. 100
Ein berechtigtes Interesse ist schon dann zu bejahen, wenn der Antragsteller ein vernünftiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse glaubhaft macht, das auch tatsächlicher, etwa wirtschaftlicher Art sein kann. Nur ein Verwandtschaftsverhältnis reicht nicht. Die Prüfung durch das Nachlassgericht, ob ein Geschäft des Nachlasspflegers zu genehmigen ist, stellt allein eine Amtspflicht gegenüber dem Vertretenen, nicht aber gegenüber Dritten dar. Ihnen steht daher kein Akteneinsichtsrecht gem. § 13 FamFG zur Prüfung von möglichen Amtspflichtverletzungen zu.
Rz. 101
Das allgemeine Akteneinsichtsrecht nach § 13 FamFG besteht auch in Bezug auf:
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Betreuungsakten des Betreuungsgerichts, die den Erblasser betreffen. Dies ist von Bedeutung für die Rechnungslegungen, insbesondere die Schlussrechnung des Betreuers nach §§ 1854, 1872 BGB (§§ 1908i, 1890, 1893 BGB a.F.) und deren Überprüfung durch das Betreuungsgericht nach §§ 1854, 1873 BGB (§§ 1908i, 1892 BGB a.F.). Dieses Einsichtsrecht hat insbesondere auch der Pflichtteilsberechtigte; das berechtigte Interesse wird grds. nicht dadurch ausgeschlossen, dass die betreffenden Informationen auch auf andere Weise beschafft werden können. |
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Akten des Familiengerichts, dem möglicherweise im Zusammenhang mit der Beteiligung eines minderjährigen Kindes an einem Nachlass nach § 1640 BGB ein Vermögensverzeichnis vorgelegt worden war; |
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Akten des Familiengerichts über die Rechnungslegungen eines Pflegers eines Kindes nach §§ 1888, 1807 BGB (§§ 1915, 1890, 1892, 1893 BGB a.F.) und über die Rechnungslegungen eines Vormunds nach § 1807 BGB (§§ 1890, 1892, 1893 BGB a.F.). |
Rz. 102
Wird gegen die vom Betreuungsgericht zugunsten eines privaten Dritten ausgesprochene Bewilligung von Einsicht in die Betreuungsakte gemäß Rechtsbehelfsbelehrung Antrag auf gerichtliche Entsche...