I. Zweck des zivilrechtlichen Auskunftsanspruchs
Rz. 2
Der materiellrechtliche Anspruchsinhaber muss bei Zahlungsklagen seinen Anspruch beziffern bzw. bei Herausgabeklagen die verlangten Gegenstände exakt bezeichnen können, weil im Prozess – im Hinblick auf die spätere Vollstreckung – ein bestimmter Klageantrag zu stellen ist, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Aus diesem Grunde sind Auskunftsansprüche für die Praxis von großer Bedeutung. Für das Erbrecht gilt dies in besonderem Maße, weil in den meisten Fällen es der Erblasser war, der die gewünschten Auskünfte hätte geben können und nach seinem Tod zu fragen ist, wer dies nunmehr an seiner Stelle zu tun hat. Aus diesem Grunde kennt das Erbrecht auffallend viele und teilweise weitgehende Auskunftsansprüche.
Rz. 3
Eine im Allgemeinen auf § 242 BGB gestützte Auskunftspflicht gibt es grundsätzlich nicht, vielmehr bedarf es einer konkreten Sonderverbindung zwischen Auskunftsschuldner und Auskunftsgläubiger. Nur ausnahmsweise dient § 242 BGB als Auffangtatbestand.
Rz. 4
Das Gesamthandsverhältnis der Miterben untereinander – etwa aus § 2038 BGB – ist nach h.M. kein Rechtsverhältnis, das eine allgemeine Auskunftspflicht der Miterben untereinander begründen würde.
II. Auskünfte von Behörden und Gerichten
Rz. 5
Außer den zivilrechtlichen Auskunftsansprüchen gegen Privatpersonen sind für den Praktiker Auskunfts-, Register- und Akteneinsichtsrechte gegenüber Behörden und Gerichten von großer Bedeutung, weil Auskünfte auf dieser Grundlage in aller Regel schnell und zuverlässig zu erlangen sind.
1. Auskünfte von Behörden
Rz. 6
Vermutet der Gläubiger den Tod des Schuldners, so kann er sich Gewissheit verschaffen durch:
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Anfrage beim Einwohnermeldeamt oder Standesamt der Wohnsitzgemeinde des Schuldners; zum Umfang der Auskunft aus dem Melderegister siehe OVG Münster NJW 1976, 532 |
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Anfrage beim zuständigen Nachlassgericht (Amtsgericht). Örtlich zuständig ist das Gericht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers, § 343 FamFG |
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Anfrage beim Zentralen Testamentsregister der Bundesnotarkammer in Berlin |
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Anfrage beim Geburtsstandesamt des Erblassers. Vgl. zum Auskunftsrecht § 62 PStG. |
2. Beschaffung eines Erbscheins
a) Allgemeines Akteneinsichtsrecht
Rz. 7
Das Recht auf Einsicht in FG-Akten ist in §§ 13 ff. FamFG geregelt.
Rz. 8
Für alle FG-Verfahren – und damit auch für die verschiedenen Nachlassverfahren – unterscheidet § 13 FamFG danach, ob die Akteneinsicht von einem Verfahrensbeteiligten oder von einem Dritten begehrt wird. Nach § 13 Abs. 1 FamFG können die Beteiligten die Gerichtsakten auf der Geschäftsstelle einsehen, soweit nicht schwerwiegende Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten entgegenstehen. Personen, die an dem Verfahren nicht beteiligt sind, kann nach § 13 Abs. 2 FamFG Einsicht nur gestattet werden, soweit sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen und schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten nicht entgegenstehen.
Berechtigtes Interesse ist jedes vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse tatsächlicher, wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Art, das sich nicht auf vorhandene Rechte zu gründen oder auf das Verfahren zu beziehen braucht. Für die Einsicht in Nachlassakten ist ein berechtigtes Interesse regelmäßig dann gegeben, wenn der Antragsteller darlegt und glaubhaft macht, dass er als gesetzlicher oder testamentarischer Erbe, als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer in Betracht kommt.
Rz. 9
Das auf § 13 Abs. 2 FamFG gestützte Gesuch auf Akteneinsicht in einer Nachlasssache erfordert die Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses, das sich nicht auf ein bereits vorhandenes Recht stützen muss, sondern schon dann vorliegt, wenn ein künftiges Verhalten des Antragstellers durch die Aktenkenntnis beeinflusst sein kann, wie bspw. bei den Kindern des nichtehelichen Sohnes des Erblassers.
Rz. 10
Der am Verfahren Beteiligte kann über den Wortlaut des § 13 FamFG hinaus die Entscheidung über die Akteneinsicht – wie jeder unbeteiligte Dritte – dann isoliert anfechten, wenn sein Akteneinsichtsgesuch nicht Ausdruck seines Anspruchs auf rechtliches Gehör ist, weil der Beteiligte mit dem Gesuch gerade nicht beabsichtigt, sich über das konkrete Verfahren mit dem Ziel der Einflussnahme auf die Endentscheidung des Gerichts zu informieren, sondern – vergleichbar einem nicht am Verfahren beteiligten Dritten – davon abweichende Interessen verfolgt.
Rz. 11
Nachlassakten sind grundsätzlich im Gerichtsgebäude einzusehen, eine Versendung der Akten in die Kanzlei des Bevollmächtigten findet nur ausnahmsweise statt.
Derjenige, dem ein Akteneinsichtsrecht zusteht, kann gem. § 13 Abs. 3 FamFG die Erteilung unbeglaubigter oder beglaubigter Abschriften aus den Nachlassakten verlangen. Dabei entscheidet das Nachlassgericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Der Wortlaut des § 13 Abs. 3 S. 1 FamFG ist insofern missverständlich, als für die Fertigung von Abschriften nicht etwa gefordert wird, dass zuvor bereits Akteneinsicht gewährt wird. Vielmehr ist ausweislich der...