Rz. 482
Einen vorbeugenden Schutz vor einer wirtschaftlichen Verschlechterung des Nachlasses bieten die §§ 2127–2129 BGB. Dem Nacherben steht bei einer Gefährdung seiner Rechte ein außerordentliches Auskunftsrecht über den gegenwärtigen Bestand des Nachlasses zu (§ 2127 BGB). Er kann von dem Vorerben Sicherheitsleistung verlangen (§ 2128 Abs. 1 BGB) und schließlich im Falle des Ausbleibens der Sicherheitsleistung die Anordnung der gerichtlichen Verwaltung (§§ 2128 Abs. 2, 1052 BGB) beantragen.
Weitergehende Rechte hat der Nacherbe während der Zeit der Vorerbschaft nicht, insbesondere kann er keine Schadenersatzansprüche gegen den Vorerben geltend machen.
Rz. 483
Hinweis
Befreiungsmöglichkeit: Der Erblasser kann den Vorerben von den Verpflichtungen der §§ 2127–2129 BGB freistellen, vgl. § 2136 BGB.
Ein Vorgehen gegen den befreiten Vorerben ist nur mit den allgemeinen Sicherungsmitteln der ZPO – Arrest und einstweilige Verfügung – möglich.
Rz. 484
Auskunft über den aktuellen Nachlassbestand
Rechtliche Grundlagen: Der Nacherbe kann im Falle der Gefährdung seiner Rechte Auskunft über den gegenwärtigen Bestand des Nachlasses unter Vorlage eines Bestandsverzeichnisses verlangen, §§ 2127, 260 BGB. Der Auskunftsanspruch dient zur Sicherung von Beweismitteln für eine Schadenersatzklage nach Eintritt der Nacherbfalls. Er schafft darüber hinaus eine Basis für die weiteren Entscheidungen, ob eine Sicherheitsleistung verlangt und eine gerichtliche Verwaltung beantragt werden soll.
Ein Anspruch auf Auskunft über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen oder auf Rechenschaft besteht im Rahmen des § 2127 BGB nicht. Der Auskunftsanspruch kann wiederholt geltend gemacht werden, sofern ein neuer Grund vorhanden ist.
Rz. 485
Hinweis
Befreiungsmöglichkeit: Der Erblasser kann den Vorerben von der außerordentlichen Auskunftsverpflichtung nach § 2127 BGB befreien. Dem Nacherben bleiben dann lediglich die ordentlichen und unabdingbaren Auskunfts- und Feststellungsrechte nach §§ 2121, 2122 BGB.
Rz. 486
Als Voraussetzung für den Anspruch muss Grund zu der Annahme bestehen, dass der Vorerbe durch seine Verwaltung Rechte des Nacherben erheblich verletzt. Besteht lediglich der nicht belegbare Verdacht einer Rechtsverletzung, so ist der Nacherbe wehrlos. Soweit eine Interessenabwägung dies rechtfertigt, räumt der BGH allerdings dem Nacherben einen Auskunftsanspruch gegen den vom Vorerben Beschenkten ein.
Rz. 487
Geschützt wird der künftige Herausgabeanspruch des Nacherben nach § 2130 BGB. Die beanstandete Maßnahme muss objektiv eine Rechtsverletzung darstellen, im Gegensatz zu § 2128 BGB genügt daher eine ungünstige Vermögenslage des Vorerben nicht. Ausreichend ist die Gefahr einer künftigen Verletzung; ein Verschulden des Vorerben ist nicht erforderlich. Erheblich ist eine Verletzung, wenn sie sich auf nicht ganz unwesentliche Teile der Erbschaft bezieht. Soweit eine Maßnahme zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erforderlich und der Nacherbe nach § 2120 BGB zur Zustimmung verpflichtet ist, können dessen Rechte nicht verletzt werden.
Rz. 488
Insbesondere in einer Verletzung der gesetzlichen Beschränkungen der Rechtsstellung des Vorerben wird regelmäßig ein pflichtwidriges Verhalten zu erblicken sein. Dabei ist an folgende Fallkonstellationen zu denken:
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Eigenmächtige Vornahme von Verfügungen, die bei Eintritt der Nacherbfolge nach § 2113 Abs. 1 oder 2 BGB unwirksam werden |
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Einziehung einer Hypothekenforderung, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld entgegen den Beschränkungen in § 2114 BGB |
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Verstoß gegen die Pflichten im Zusammenhang mit der Verwaltung von Wertpapieren und Geld, §§ 2116–2119 BGB |
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Bestreiten der Rechte des Nacherben, insbesondere der Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung, wenn dies den Schluss nahe legt, der Vorerbe werde bei der Nachlassverwaltung keine Rücksicht auf die Rechte des Nacherben nehmen |
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Bestreiten der Zugehörigkeit von Surrogaten (§ 2111 BGB) zum Nachlass, bspw. durch Zurechnung zum Eigenvermögen des Vorerben. |
Zwangsverfügungen, die von Eigengläubigern des Vorerben im Wege der Zwangsvollstreckung oder im Rahmen eines Insolvenzverfahrens getroffen werden, beruhen zwar nur mittelbar auf der Verwaltung des Vorerben. Gleichwohl kommt hier ein Auskunftsanspruch analog § 2127 BGB in Betracht, soweit dieser erforderlich ist, um dem Nacherben die Geltendmachung seiner Rechte (§ 2115 BGB) gegen solche Verfügungen zu ermöglichen.
Rz. 489
Verfahren
Mehrere Nacherben können den Auskunftsanspruch unabhängig voneinander geltend machen, auch gegen den Willen der anderen. Ist ein Nacherben-Testamentsvollstrecker bestellt, kann nur dieser das Auskunftsrecht wahrnehmen. Dem Ersatznacherben steht vor Eintritt des Ersatzfalls hingegen der Anspruch nicht zu.
Der Auskunftsanspruch ist im Klageweg durchzusetzen. Der Nacherbe ist für die Voraussetzungen des Anspruchs darlegungs- und beweispflichtig. Eine eidesstattliche Versicherung kann der Nacherbe unter den Vor...