1. Allgemeines
Rz. 372
Diejenigen Personen, die sich im Zeitpunkt des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden haben, sind verpflichtet, dem Erben Auskunft zu erteilen
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über die erbschaftlichen Geschäfte und |
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über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände. |
2. Auskunftsgläubiger
Rz. 373
Auskunftsberechtigt ist der Erbe. Bei Vorhandensein mehrerer Miterben kann jeder den Anspruch – auch gegen den Widerspruch der anderen – geltend machen, allerdings nach § 2039 BGB nur Leistung an alle Miterben verlangen.
Ist Testamentsvollstreckung angeordnet, so ist der Anspruch vom Testamentsvollstrecker geltend zu machen, § 2205 BGB. Entsprechendes gilt für den Nachlassverwalter bei bestehender Nachlassverwaltung sowie den Nachlassinsolvenzverwalter.
Aber auch dem Pfandgläubiger, der ein rechtsgeschäftliches oder vollstreckungsrechtliches Pfandrecht am Erbteil eines Miterben erworben hat, dürfte der Auskunftsanspruch anstelle des Miterben zustehen, weil er anders seine Rechte aus dem Pfandrecht nicht geltend machen könnte.
3. Auskunftsschuldner
Rz. 374
Jeder, der sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, ist auskunftspflichtig. Dabei braucht der Hausgenosse nicht in den Nachlass eingegriffen zu haben. Eine für jede Situation anwendbare Definition der "häuslichen Gemeinschaft" ist nicht möglich. Die konkrete räumliche und persönliche Beziehung ist im Einzelfall zu würdigen. Ein vollständiges Zusammenleben unter einem Dach ist nicht erforderlich.
4. Inhalt der Auskunft
a) Erbschaftliche Geschäfte
Rz. 375
Der Hausgenosse hat Auskunft darüber zu erteilen, welche erbschaftlichen Geschäfte er geführt hat. Darunter fällt jedes Tätigwerden mit Bezug auf den Nachlass. Hat der Hausgenosse als Beauftragter oder Geschäftsführer ohne Auftrag gehandelt, so kann auch eine Auskunftspflicht nach § 666 BGB und eine Herausgabepflicht nach §§ 681, 667 BGB in Betracht kommen.
b) Verbleib von Erbschaftsgegenständen
Rz. 376
Nicht nur über den körperlichen Verbleib, sondern auch über den wirtschaftlichen Verbleib von Nachlassgegenständen ist Auskunft zu erteilen, d.h. auch darüber, ob und welcher Wertersatz für die verschwundenen Gegenstände in den Nachlass gelangt ist.
Rz. 377
Über den strengen Wortlaut des § 2028 BGB hinaus bezieht sich die Auskunftspflicht auch auf solche Gegenstände, die schon vor dem Erbfall beiseite geschafft wurden. Aber die Auskunftspflicht beinhaltet nicht die Pflicht, Nachforschungen über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen anzustellen. Evtl. kann eine Herausgabepflicht nach § 667 BGB bestehen.
c) Eidesstattliche Versicherung nach § 2028 Abs. 2 BGB
Rz. 378
Besteht Grund zur Annahme, die Auskunft sei nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden, so hat der Auskunftspflichtige die Vollständigkeit der in der Auskunft gemachten Angaben eidesstattlich zu versichern und nicht die Vollständigkeit des "Bestandes" – insofern besteht ein Unterschied zu § 260 Abs. 2 BGB.
5. Vorläufiger Rechtsschutz
Rz. 379
Zum vorläufigen Rechtsschutz siehe Rdn 296 ff.
6. Muster: Auskunftsklage gegen Hausgenossen
Rz. 380
Muster 9.25: Auskunftsklage gegen Hausgenossen
Muster 9.25: Auskunftsklage gegen Hausgenossen
An das
Landgericht
– Zivilkammer –
_________________________
Klage
des Herrn _________________________
– Kläger –
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________
gegen
Frau _________________________
– Beklagte –
wegen Auskunft und eidesstattlicher Versicherung.
Namens und in Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage gegen die Beklagte und werde in dem zu bestimmenden Termin beantragen, für Recht zu erkennen:
1. |
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen
a) |
über die erbschaftlichen Geschäfte, die sie in Bezug auf den Nachlass des am _________________________ in _________________________ verstorbenen Herrn _________________________, zuletzt wohnhaft gewesen in _________________________, geführt hat, |
b) |
über den Verbleib von Nachlassgegenständen in Bezug auf den zuvor bezeichneten Nachlass. |
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2. |
Für den Fall, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden sein sollte, wird die Beklagte weiter verurteilt, zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass sie nach bestem Wissen die Angaben so vollständig gemacht hat, wie sie dazu im Stande ist. |
Falls die Voraussetzungen des § 331 Abs. 3 ZPO bzw. § 307 ZPO vorliegen, bitte ich um Erlass eines Versäumnis- bzw. Anerkenntnisurteils ohne mündliche Verhandlung, zunächst bezüglich Ziff. 1 lit. a und b des Klageantrags als Teilurteil.
Begründung:
Mit der Klage macht der Kläger gegen die Beklagte Auskunftsansprüche nach § 2028 BGB geltend.
Der Kläger ist der einzige Sohn des am _________________________ verstorbenen _________________________, zuletzt wohnhaft gewesen in _________________________ In einem am _________________________ bei dem Notar _________________________ in _________________________, UR – Nr. _________________________, errichteten Testament hat der Erblasser zusammen mit seiner vorverstorbenen Ehefrau ein sog. "Berliner Testament" errichtet, wonach die Eheleute sich gegenseitig zu...