1. Allgemeines
Rz. 302
Zwischen der Prozessdauer und der Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes besteht in der Praxis ein enger Zusammenhang: Je länger Prozesse dauern, umso wichtiger wird die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes.
Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes ist nicht eine besonders schnelle Durchsetzung eines materiellrechtlichen Anspruchs, sondern dem Grundsatz nach allein die Sicherung seiner Durchsetzbarkeit. Allerdings wurde dieser Grundsatz in Einzelfällen durchbrochen; z.B. dort, wo nur die Erfüllung eine Sicherung gewährleisten kann, wie etwa im Unterhaltsrecht.
Rz. 303
Genau genommen fällt unter den vorläufigen Rechtsschutz die Vollstreckung aller Titel, in denen über den Bestand eines geltend gemachten Rechts nicht endgültig entschieden wurde. Neben dem Arrest und der einstweiligen Verfügung ist die vorläufige Vollstreckbarkeit nicht rechtskräftiger Urteile eine Form des vorläufigen Rechtsschutzes. Außerdem gehören auch die Vorbehaltsurteile nach §§ 302, 599 ZPO dazu, bei denen im späteren Nachverfahren die Erstentscheidung wieder aufgehoben werden kann.
Ausnahmsweise kommt sogar eine einstweilige Verfügung in Betracht, obwohl bereits ein vollstreckbarer Titel vorliegt, bspw. wenn es sich um einen ausländischen Titel handelt, dessen Anerkennung nach §§ 722, 723 ZPO noch einige Zeit in Anspruch nimmt. Bei einem Großteil ausländischer Urteile besteht dieses Vollstreckungshindernis allerdings nicht, weil mit zahlreichen Staaten Vollstreckungsabkommen bestehen.
Hier sollen jedoch nur die summarischen Verfahren des Arrests und der einstweiligen Verfügung kurz behandelt werden.
2. Vorläufiger Rechtsschutz für das Feststellungsbegehren
Rz. 304
Ob eine einstweilige Verfügung mit dem Inhalt einer Feststellung ergehen kann, ist streitig, und wenn ja, ob es sich dann um eine Leistungs-, Sicherungs- oder Regelungsverfügung handelt.
In erster Linie wird gegen die Zulässigkeit eingewandt, eine Verfügung mit feststellendem Inhalt nehme die Hauptsache vorweg, was im vorläufigen Rechtsschutz grundsätzlich ausgeschlossen ist. Ergehe eine entsprechende Verfügung, so könne sie nicht vollstreckt werden und könne wegen ihrer Vorläufigkeit ein Rechtsverhältnis auch nicht zuverlässig regeln. Eine größere Zahl von Stimmen bejaht allerdings die Zulässigkeit einer einstweiligen Feststellungsverfügung.
Rz. 305
Danach ist eine einstweilige Verfügung mit feststellendem Inhalt gem. §§ 935, 940 i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO grundsätzlich statthaft. Beim Verfügungsanspruch muss der Antragsteller die bessere Berechtigung haben als der Antragsgegner; ein Verfügungsgrund kann angenommen werden, wenn allein durch das Zuwarten bis zum Erlass einer Hauptsacheentscheidung die Gefahr eines unverhältnismäßig schweren Nachteils bestehen würde, der für den Antragsteller kaum tragbar und unzumutbar wäre.
Rz. 306
Im Rahmen einer gerichtlichen Ermessensentscheidung nach § 938 Abs. 1 ZPO kann zwar vorläufig eine Feststellung erfolgen, vollstreckbar ist sie jedoch wegen ihres Inhalts nicht. Weiterhin besteht auch keine Bindung für den Hauptsache-Rechtsstreit. Der Antragsteller ist also darauf angewiesen, dass sich der Antragsgegner an die Verfügung hält.
Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine feststellende Verfügung wird deshalb von manchen Gerichten nur bejaht, wenn die Erklärung von Seiten des Antragsgegners abgegeben wird, er werde sich an eine Feststellungsverfügung halten.
Rz. 307
Der Antragsteller braucht lediglich sein Ziel des begehrten Rechtsschutzes darzulegen; welche Art von Verfügung er haben will, braucht er nicht zu sagen. Das entscheidet das Gericht nach Ermessen im Rahmen des § 938 Abs. 1 ZPO. Selbst wenn der Antragsteller sein Begehren auf § 935 ZPO stützt, kann das Gericht die Verfügung auf § 940 ZPO stützen – und umgekehrt.
Da im Recht der einstweiligen Verfügung auf die Arrest-Vorschriften verwiesen ist, gilt auch § 916 Abs. 1 ZPO, wonach die zu sichernden Ansprüche betagt oder bedingt sein können.
Rz. 308
Bejaht man die Statthaftigkeit einer feststellenden einstweiligen Verfügung, so ist eine solche zulässig auch vor und während des Hauptsache-Rechtsstreits, der den zu sichernden Anspruch zum Streitgegenstand hat, nicht aber nach rechtskräftigem Abschluss eines entsprechenden Hauptsache-Rechtsstreits.
3. Vorläufiger Rechtsschutz für das Auskunftsverlangen
Rz. 309
Eine einstweilige Verfügung auf Auskunft oder Rechnungslegung ist grundsätzlich unzulässig. Dieser Grundsatz wird ausnahmsweise nur dann durchbrochen, wenn Durchsetzung oder wenigstens Sicherung des der Auskunft nachfolgenden Hauptanspruchs für...