Rz. 26
Da die Miterben gem. § 2058 BGB als Gesamtschuldner haften, kann jeder einzelne Miterbe auf die Gesamtforderung verklagt werden und nicht lediglich auf den Anteil, der seiner Erbquote entspricht. Der Gläubiger kann es sich aussuchen, ob er Gesamtschuldklage (also auf Haftung eines oder einiger Miterben für die gesamte Schuld, § 2058 BGB, siehe hierzu § 6 Rdn 240 ff.) oder Gesamthandklage (also Klage auf Befriedigung aus dem ungeteilten Nachlass, § 2059 Abs. 2 BGB, siehe hierzu § 6 Rdn 247 ff.) erhebt. Auch wenn die Gesamthandklage in der Praxis die Ausnahme ist, sollte der Gläubiger stets individuell prüfen, ob sie im konkreten Fall einen taktischen Vorteil bieten kann.
Zu den Unterschieden zwischen der Gesamtschuldklage und der Gesamthandklage siehe die nachfolgende Übersicht (sowie im Übrigen § 6 Rdn 296 ff.):
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Gesamtschuldklage |
Gesamthandklage |
Voraussetzung |
Klage gegen einen oder mehrere Miterben Vor oder nach der Nachlassteilung möglich |
Klage gegen alle sich widersetzenden Miterben nur bis zur Teilung möglich, § 2059 Abs. 2 BGB |
Streitgenossenschaft |
Keine notwendige, sondern lediglich einfache Streitgenossenschaft: Die Erben können einzeln verklagt werden |
Notwendige Streitgenossenschaft (§ 62 ZPO) zwischen den sich widersetzenden Miterben, da Verfügung über Nachlassgegenstände nur gemeinschaftlich möglich, § 2040 Abs. 1 BGB |
Verteidigungsmöglichkeit der Erben im Prozess |
Haftungsbeschränkungsvorbehalt gem. § 780 ZPO Aufschiebende Einreden gem. §§ 2014–2017 BGB |
Haftungsbeschränkungsvorbehalt gem. § 780 ZPO überflüssig, da Urteil nur auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass lautet; Vorbehalt aber – insbesondere in Zweifelsfällen – möglich Aufschiebende Einreden gem. §§ 2014–2017 BGB |
Zwangsvollstreckung |
Vollstreckung in das Eigenvermögen des Erben Pfändung des Erbteils (als Teil des Eigenvermögens), §§ 859, 857 Abs. 1, 829 ZPO Vollstreckung in Einzelnachlassgegenstände (§ 747 ZPO) nur möglich, wenn Urteil gegen alle Miterben Vollstreckung in den geteilten Nachlass |
Vollstreckung in den ungeteilten Nachlass, § 2059 Abs. 2 ZPO Vollstreckung in Einzelnachlassgegenstände (§ 747 ZPO) |
Verteidigungsmöglichkeit in der Zwangsvollstreckung |
Vollstreckungsabwehrklage gem. §§ 781, 785 i.V.m. § 767 ZPO |
Bei Vollstreckung in das Eigenvermögen des Miterben: Erinnerung gem. § 766 ZPO |
Rz. 27
Bei mehreren Erben beginnt die Ablaufhemmung des § 211 S. 1 Alt. 1 BGB für jeden Erben zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Erbschaft angenommen hat. Es kommt für die Frage der Verjährung nicht darauf an, wann der letzte Miterbe die Erbschaft angenommen hat, ob alle Miterben angenommen haben oder auch nur alle Miterben überhaupt bekannt sind. Der Gläubiger muss daher vor Erhebung der Gesamtschuldklage prüfen, wann die Verjährung seiner Ansprüche bei dem Miterben begonnen hat, den er klageweise in Anspruch nehmen möchte. Im Innenverhältnis der Erbengemeinschaft kann der in Anspruch genommene Miterben einen Gesamtschuldnerausgleich auch gegen diejenigen Erben geltend machen, denen gegenüber der Anspruch des Nachlassgläubigers bereits verjährt gewesen ist. Für den Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich aus § 426 BGB gilt dann die dreijährige Verjährung, beginnend in dem Jahr, in dem der Anspruch fällig und dem Ausgleichberechtigten bekannt wurde oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt blieb. Dabei ist zu beachten, dass der Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB bereits mit der Begründung der Gesamtschuld entsteht und nicht erst bei Erfüllung der Gesamtschuld.
Urteile gegen einzelne Miterben kann der Gläubiger nur gem. § 859 ZPO vollstrecken (siehe auch Rdn 49 und Rdn 52 ff.).