Rz. 508
Zur Darlegung des Haushaltführungsschadens genügt es nicht, auf die unfallbedingte (allgemeine) Minderung der Erwerbstätigkeit (MdE) hinzuweisen. Maßgeblich ist demgegenüber allein die haushaltsspezifische MdE, auch als MdH (Minderung der Fähigkeit zur Arbeit im Haushalt) bezeichnet (OLG Köln r+s 2015, 422). Insoweit ist die konkrete Lebenssituation des Geschädigten vor und nach dem schädigenden Ereignis darzustellen, damit dessen wesentliche Auswirkungen auf die Hausarbeit und der sich daraus ergebende Haushaltführungsschaden bestimmt werden können (BGH NJW 1985, 7 f. und 35 f.; OLG Koblenz zfs 2003, 444 f.; OLG Köln r+s 2015, 422). Hierzu ist es erforderlich, dass der Geschädigte qualifizierte Angaben zur konkreten Lebenssituation, zum Zuschnitt der Familie, der Wohnung sowie zu Art und Umfang der im Einzelnen ausgeführten Haushaltstätigkeiten macht, wobei ausreichend ist, wenn der Geschädigte seine wesentlichen Lebensumstände vorträgt, die unter Zuhilfenahme anerkannter Tabellen eine Eingruppierung bzw. Klassifizierung zulassen (OLG Köln r+s 2015, 422).
Rz. 509
Beispiel
Wer einen gebrochenen Arm hat, kann zwar in seinem Beruf als Mechaniker nicht arbeiten, jedoch noch eine ganze Menge im Haushalt tun, ihn zumindest leiten und organisieren. Die Erschwernisse bei der Haushaltsführung sind prozentual zu bezeichnen.
Rz. 510
Tipp
Zwar gibt es zur Ermittlung der haushaltsspezifischen MdE Tabellenwerke (z.B. die im Literaturhinweis genannte Tabelle Reichenbach/Vogel bzw. die Tabelle 6 in der nachstehend beschriebenen Tabelle Schulz-Borck/Pardey). Genauer und meist günstiger für den Geschädigten ist jedoch die Bestimmung durch den behandelnden Arzt, u.U. im Rahmen eines speziell zur Klärung dieser Frage in Auftrag zu gebenden Sachverständigengutachtens. Dabei ist zu ermitteln, welche Arbeiten im Haushalt unfallbedingt nicht mehr möglich oder nicht mehr zumutbar sind. Sodann ist die Zeit zu schätzen, die eine Hilfskraft für die Erledigung der Arbeiten benötigen würde.
Rz. 511
Es ist also zu schätzen, welcher Anteil der Arbeitszeit von einer Hilfskraft übernommen werden müsste, um die Behinderung des Haushaltsführenden auszugleichen. Hier kommt es auf die konkrete Behinderung in der Haushaltsführung an. Die abstrakte MdE ist ein Begriff aus dem Sozialversicherungsrecht und hat keine Aussagekraft für den Umfang des Schadensersatzes (OLG Hamm VersR 2002, 1430; OLG Koblenz VersR 2004, 1011). Die konkrete Behinderung im Haushalt (MdH) ist i.d.R. niedriger (OLG Köln r+s 2015, 422), wobei die Auswirkungen in den einzelnen Tätigkeitsbereichen unterschiedlich groß sind.
Rz. 512
Ein normativer Schaden wegen Beeinträchtigung der Haushaltsführung setzt eine konkrete und spürbare, nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung voraus. Während der Zeit eines stationären Aufenthalts ist ein völliger Ausfall der Haushaltsführung zu unterstellen, soweit sie für die Familienangehörigen erbracht wird. Allerdings ist insoweit der Wegfall der Eigenversorgung zu berücksichtigen. Dies gilt auch für eine ärztlich attestierte "Minderung der Erwerbsfähigkeit" von 100 %.
Rz. 513
Die Einschätzung der konkreten haushaltsspezifischen Behinderung nach den Tabellen 200 des Münchner Modells sollte insbesondere dann erfolgen, wenn sich der Gesundheitszustand stabilisiert und die Dauer der MdE feststeht. Für den Krankenhausaufenthalt und die Rekonvaleszenz gelten Besonderheiten. Während des Krankenhausaufenthaltes fällt der Haushaltsführende völlig aus. Zudem kommt es für diese Zeit einerseits auf die Kosten einer höher qualifizierten Ersatzkraft an, da der Haushaltsführende wegen seiner Abwesenheit auch keine Leitungsfunktion ausüben kann. Andererseits entfällt der Anteil der Eigenversorgung. Auch während des Krankenhausaufenthalts eines alleinstehenden Haushaltsführenden kommt ebenfalls ein – geringer – normativer Schaden in Betracht, wenn die Wohnung durch Dritte betreut werden muss. Während Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ist zu berücksichtigen, dass die Leitungsfunktion meist noch möglich ist. Im Übrigen ist genau zu prüfen, ob konkret einzelne Tätigkeiten verrichtet werden können und ob dies auch zumutbar ist. Bei Arbeitsunfähigkeit eines erwerbstätigen Verletzten besteht nicht notwendig 100 %-ige Behinderung in der Haushaltsführung. Dabei ist auch zu bedenken, dass der Haushaltsführende die ihm zur Verfügung stehende zusätzliche Zeit nutzt, um leichtere Hausarbeiten langsamer und mit Pausen zu erledigen. Schwerere Arbeiten können bei einer vorübergehenden Behinderung verschoben werden.