Rz. 472
Im Zuge der zunehmenden Gleichstellung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind die Grundsätze des Haushaltsführungsschadens zumindest analog auch auf diese anzuwenden, wenngleich das – soweit ersichtlich – bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden (bejahend bislang lediglich OLG Karlsruhe DAR 1993, 391; LG Zweibrücken zfs 1994, 363; AG Bad Säckingen zfs 1996, 370), jedoch vom Verkehrsgerichtstag 1989 (VGT 1989, Arbeitskreis V, Veröffentlichungen der gehaltenen Referate, S. 189 ff.) und 2007 (VGT 2007, Arbeitskreis I, Veröffentlichungen der gehaltenen Referate, S. 189 ff.) so empfohlen worden ist. Insoweit ist auch die inzwischen geänderte Rechtsprechung zur Anwendung des Angehörigenprivilegs gem. § 86 VVG und § 116 Abs. 6 SGB X heranzuziehen, welche nunmehr die eheähnliche Lebensgemeinschaft der Ehe gleichstellt (BGH VersR 2009, 813; BGH VersR 2013, 520; vgl. dazu im Einzelnen § 4 Rdn 106).
Rz. 473
In der eingetragenen Lebenspartnerschaft schulden die Lebenspartner sich gegenseitig nicht nur Barunterhalt, sondern auch Haushaltsführung. Die Situation ist daher rechtlich mit der Ehe gleichgesetzt.
Rz. 474
Bei der nicht eingetragenen nichtehelichen Lebensgemeinschaft muss unterschieden werden zwischen dem Ersatz für die Beeinträchtigung in der Eigenversorgung und für die Betreuung des Partners.
(a) Eigenversorgung
Rz. 475
Unstreitig steht dem verletzten Partner ein eigener Anspruch aus § 843 Abs. 1 Var. 2 BGB zu, wenn es wegen der Verletzung zu einer Vermehrung seiner eigenen Bedürfnisse gekommen ist. Die Schadensberechnung erfolgt auf Basis des Arbeitslohns, der brutto an eine Hilfskraft gezahlt wird. Wird keine Aushilfskraft eingestellt, etwa weil ein Familienangehöriger oder der Partner einspringt, so berechnet sich der Schaden auf Basis des fiktiven Nettolohns einer Aushilfskraft. Zu beachten ist jedoch, dass über § 843 Abs. 1 Var. 2 BGB nur die Kosten der Eigenversorgung ersetzt werden (Schirmer, Nichteheliche Lebensgemeinschaft im Versicherungs- und Verkehrsrecht, DAR 2007, 1 ff.).
(b) Betreuung des Partners
Rz. 476
Hier ist es umstritten, ob der verletzte Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft auch die Kosten geltend machen kann, die dadurch entstehen, dass er nicht mehr zur Fremdversorgung in der Lage ist, also nicht mehr die Haushaltsführung für den Lebensgefährten bewerkstelligen kann.
Rz. 477
Der Verletzte, der einen Gesundheits- oder Körperschaden erleidet, hat grundsätzlich nach § 843 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Ersatz wegen der Beeinträchtigung seiner Erwerbsfähigkeit.
Rz. 478
Die Rechtsprechung billigt der verletzten Ehefrau einen Schadensersatzanspruch für die Einschränkung in der Haushaltsführung zu. Dieser Anspruch richtet sich auf den Kostenersatz für die Einstellung einer entsprechenden Arbeitskraft oder auf die fiktiven Kosten unter Anwendung der Lehre vom normativen Schaden, wenn eine solche Kraft nicht eingestellt wird. Es sind jedoch nicht nur die Kosten der Eigenversorgung zu ersetzen, sondern auch die der sonstigen Haushaltsführung.
Rz. 479
Ob diese Grundsätze auch auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft übertragen werden können, wird unverändert lebhaft diskutiert (Schirmer, Nichteheliche Lebensgemeinschaft im Versicherungs- und Verkehrsrecht, DAR 2007, 1 ff.; Pardey, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft im Versicherungs- und Verkehrsrecht, zfs 2007, 243 ff. und 303 ff.). Bei der Beurteilung, ob die Tätigkeit im Haushalt innerhalb einer Ehe als Erwerbstätigkeit einzuordnen ist, stellt der BGH in seinen Entscheidungen maßgeblich auf die rechtliche Verpflichtung aufgrund von Unterhaltspflichten ab (BGH NJW 1974, 41; BGH NJW 1962, 2248). Die Tätigkeit im Haushalt muss mit einer sonstigen Erwerbstätigkeit vergleichbar sein. Die Haushaltsführung ist einer solchen Tätigkeit aber nur vergleichbar, wenn mit ihr die gesetzliche Unterhaltspflicht nach § 1360 BGB erfüllt wird.
Rz. 480
In Tötungsfällen scheidet die Anwendbarkeit der §§ 844 Abs. 2 BGB, 10 Abs. 2 StVG aus, da es an dem in diesen Bestimmungen vorausgesetzten Entzug eines gesetzlichen Rechts auf Unterhalt fehlt (BGH, BGHZ 91, 357 = VersR 84, 936 = NJW 84, 2520; Pardey, DAR 94, 265). Der Kreis der Anspruchsberechtigten kann nicht ohne Weiteres im Wege der Analogie auf vertragliche Beziehungen erweitert werden, die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprechen, weil dies nicht Aufgabe der Rechtsprechung sein kann, sondern dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben muss. Ausnahmeregelungen, wie die §§ 844 Abs. 2 BGB, 10 Abs. 2 StVG sie darstellen, können nicht erweitert ausgelegt werden und sind einer Analogie nicht zugänglich.
Rz. 481
Wenn dieser Ansatz zur Begründung eines Erwerbsschadens auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft übertragen wird, muss ein Erwerbsschaden verneint werden, da eine entsprechende Unterhaltspflicht nicht besteht. Der Einsatz der Arbeitskraft für den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfolgt grundsätzlich zunächst einmal vollkommen freiwillig. Entscheidend ist, dass die Arbeit nach B...