Rz. 514
Früher, bis zur 6. Auflage, hieß die Tabelle "Schulz-Borck/Hofmann" (Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, VVW Karlsruhe, Verlag für Versicherungswirtschaft e.V., 6. Auflage 2000, jährlich ergänzt durch neue TVÖD-Tabellen), ab der 7. Auflage im Jahre 2009 ist Herr VRiLG Frank Pardey für den verstorbenen Prof. Hofmann als Co-Autor tätig. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass ab den Tabellen 8 bis 13.3 eine stärkere Differenzierung vorgenommen worden ist. Der Handhabung der Tabelle hat dieser Wechsel nicht in allen Teilen gut getan – sie ist in der stark differenzierten Unterteilung viel umständlicher zu handhaben – und viele arbeiten daher noch heute lieber mit der 6. Auflage. Andererseits vermag die 7. Auflage letztendlich alle Arten haushaltsmäßigen Zusammenlebens genauer zu betrachten und es ist auch klarer herausgearbeitet, wie sich die Haushaltsführungstätigkeiten bei einer Frau und bei einem Mann darstellen. In der inzwischen vorliegenden 8. Auflage (2013) ist eine grundlegende Überarbeitung der Darstellung vorgenommen worden. Die Irritationen, die in der 7. Auflage durch die Schaffung neuer Tabellen entstanden ist, konnte dadurch aufgelöst werden (vgl. im Einzelnen Schah Sedi/Schah Sedi, 2. Auflage, § 3 Rn 159).
Rz. 515
Nach diesem Tabellenwerk wird der Haushaltsführungsschaden in der Regulierungspraxis im Verhältnis zu Versicherern berechnet und es gehört ebenso wie die anderen bislang genannten Tabellen in jede Kanzlei eines mit Schadensrecht befassten Anwaltes. Es ist zur Berechnung des Haushaltshilfeschadens unentbehrlich und in der Praxis nahezu alleinige Grundlage außergerichtlicher Berechnung dieser Schadensposition (KG DAR 2008, 520). Sofern Versicherer gern einwenden, die Arbeitszeitberechnungen in der Tabelle stimme mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht mehr überein, weil das Fortschreiten der Technisierung viele Abläufe in modernen Haushalten vereinfacht habe und der Verzehr von Fertig- oder Halbfertigprodukten den Aufwand in der Küche reduziert hätte, trifft das bei der aktuellen Tabelle nicht (mehr) zu. Außerdem ist der größte Teil der Haushaltsarbeit immer noch manuell zu erledigen.
Rz. 516
In der gerichtlichen Praxis begegnet die Tabelle leider immer wieder Vorurteilen und richtertypischen Individualbetrachtungen, sodass die Tabelle leider nicht immer zur Verfahrensvereinfachung herangezogen kann. Richter beharren oft auf der umständlichen und zeitraubenden Darstellung der konkreten Situation im speziellen Verletztenhaushalt und einer ressourcenraubenden diesbezüglichen Beweisführung. Deshalb sollte nach aller Möglichkeit versucht werden, den Haushaltsführungsschaden stets außergerichtlich zu regulieren, statt das insoweit nahezu unkalkulierbare Risiko einer gerichtlichen Entscheidung einzugehen. Richter neigen immer wieder dazu, ihre ganz persönlichen häuslichen Erfahrungen und Lebenserkenntnisse an die Stelle objektiver Erhebungen zu setzen. Wenn ein Richter seiner Putzfrau 6 EUR die Stunde zahlt, dann führt das oft auch dann nicht zu einem darüberhinausgehenden Haushaltsführungsschaden, wenn die Tabelle 12 EUR ausweist.
Rz. 517
Da der haushaltsführenden Person kein konkretes, bezifferbares Einkommen entgeht, muss eine Schätzung gem. § 252 BGB, § 287 ZPO erfolgen. Der Geschädigte ist nämlich grundsätzlich berechtigt, die fiktiven Kosten einer adäquaten Ersatzkraft in Ansatz zu bringen. Bei dieser Schätzung ist die Tabelle Pardey lediglich ein Hilfsmittel, nicht mehr! Sie dient auch zur Plausibilitätskontrolle der von der Mandantschaft angegebenen Angaben zum Arbeitszeitaufwand im Haushalt. Pardey selbst meint, dass bei der Schadensregulierung die Zeitangaben aus den Tabellen 8 bis 13 für den entsprechenden Haushalt lediglich als Mindestansatz helfen können (Pardey, VersR 2010, 33).
Rz. 518
Der BGH und die obergerichtliche Rechtsprechung haben diese Tabelle mehrfach als eine solche geeignete Schätzungsgrundlage anerkannt (BGH VersR 1979, 670; NZV 1988, 61; VersR 2009, 515; OLG Düsseldorf DAR 1988, 24 ff.; OLG Rostock zfs 2003, 233 ff.; OLG Oldenburg zfs 1989, 340; OLG Oldenburg VersR 1993, 1491; OLG Düsseldorf VersR 2004, 120; KG DAR 2008, 520), von welcher der Tatrichter daher nur in Ausnahmefällen und mit besonderer Begründung abweichen soll. Leider ist das in der gerichtlichen Praxis aber oft nicht der Fall.
Rz. 519
Bereits die 7. Auflage der Tabelle geht nicht mehr von der überholten Rollenverteilung aus, wonach die Frau vornehmlich den Haushalt führt und der Mann das Geld verdient. Die Begriffe "Frau" und "Mann" in der Tabelle sind nur noch bis zur 6. Auflage in einem von einem "Hausmann" geführten Haushaltstyp entsprechend umgekehrt zu verwenden. Ab der 7. Auflage wird der Arbeitszeitaufwand im Haushalt bei Verletzung der Frau erfasst und spiegelbildlich die gleiche Konstellation für den Mann dargestellt.
Rz. 520
Bei der aktuellen 8. Auflage gilt Folgendes: Die Familienhaushalte mit und ohne Kinder werden nunmehr in Tabellen 1 und 2 ...