a) Wirtschaftliche Situation

 

Rz. 119

Natürlich spielt auch die wirtschaftliche Situation im Vergleich von Schädiger zu Geschädigtem sowie das Bestehen einer (weil wirtschaftlich potenten) Haftpflichtversicherung des Schädigers eine Rolle. So findet das Bestehen eines Haftpflichtversicherungsschutzes Berücksichtigung für Schmerzensgeldansprüche aus Billigkeitsgründen nach § 829 BGB (BGH DAR 1995, 69 ff.; vgl. § 2 Rdn 197 ff.).

b) Soziale Belastungen

 

Rz. 120

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes können zudem auch die daraus resultierenden sozialen Belastungen, wie z.B.

Störung der Ausbildung,
verminderte Heiratsaussichten,
Beeinträchtigung des gesellschaftlichen Lebens oder
Aufgabe eines Sports

bestimmend sein.

c) Alter des Verletzten

 

Rz. 121

Auch ist das Alter des Verletzten (vgl. Rdn 260 ff.) schmerzensgeldbeeinflussend zu berücksichtigen. Die Rechtsprechung ist sich einig, dass ein schwer verletzter junger Mensch wegen seines Alters mehr Schmerzensgeld zu beanspruchen hat, weil er noch lange unter den Verletzungsfolgen zu leiden hat (OLG Hamm DAR 2001, 267). Andererseits kann ein hohes Alter auch schon deshalb schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen sein, weil sich gerade dann die Verletzung und ihre Folgen besonders schwerwiegend auswirken, weil das fortgeschrittene Alter den Heilungsverlauf erschwert und sich ein jüngerer Mensch eher an neue Gegebenheiten anpassen kann (OLG Köln VersR 2006, 259). Jedenfalls ist die oft von Regulierern geäußerte Ansicht, ein älterer Mensch leide ja nicht mehr so lange unter den Verletzungsfolgen, makaber und völlig unpassend zugleich.

d) Nutznießer Erben

 

Rz. 122

Das Schmerzensgeld ist auch nicht deshalb geringer zu bemessen, weil es im Falle des Todes des Geschädigten nicht mehr ihm, sondern seinen Erben zukommt (KG VersR 1974, 249). Es ist vielmehr in der Höhe festzustellen, wie es unter Würdigung aller Umstände als angemessen zu bezeichnen ist, unabhängig davon, wer es letztlich tatsächlich erhält.

e) Gewöhnlicher Wohnsitz im Ausland

 

Rz. 123

Die Höhe des Schmerzensgeldes wird auch nicht etwa grundsätzlich dadurch bestimmt, dass der Geschädigte seinen gewöhnlichen Wohnsitz im Ausland hat (Huber, Höhe des Schmerzensgeldes und ausländischer Wohnsitz des Verletzten, NZV 2006, 169). Allerdings ist bei einer signifikant unterschiedlichen Kaufkraftparität ggf. zu differenzieren (OLG Naumburg VersR 2016, 265). Diese kann es durchaus gebieten, dass das Schmerzensgeld sowohl nach oben, wie aber auch nach unten angepasst werden muss. Diese Anpassung folgt dem Charakter des Schmerzensgeldes als billige Entschädigung in Geld und unter Berücksichtigung des subjektbezogenen Schadensbegriffes.

 

Rz. 124

Zwar beurteilt sich die Höhe des Schmerzensgeldes wegen des anzuwendenden deutschen Rechts nach deutscher Gerichtspraxis. Die Tatsache unterschiedlicher Einkommens- und Lebensverhältnisse muss jedoch berücksichtigt werden, wenn der Ausländer in sein Heimatland zurückkehrt (Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschäden, Rn 467). Ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Rückkehr reduziert sich meist auch die Höhe der vermehrten Bedürfnisse. Insbesondere sind die Pflegekosten, aber auch die Kosten für Hilfsmittel etc. im Heimatland möglicherweise wesentlich niedriger. Sicher gilt das aber nicht etwa – wie es anfänglich einige Versicherer ernstlich versucht haben – im Verhältnis zu den "neuen Bundesländern" der Bundesrepublik Deutschland.

f) Beeinträchtigte Nutzungsmöglichkeit von Vermögenswerten

 

Rz. 125

Bei Beschädigung eines Kraftfahrzeuges steht dem Eigentümer ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen entgangener Nutzungsmöglichkeit (Nutzungsausfall) zu. Auch infolge einer Körperverletzung kann die Möglichkeit, mit Vermögensaufwendungen "erkaufte" Sachen und Gegenstände (Kraftfahrzeug, Jagdpacht, Urlaub etc.) entsprechend ihrer Zweckbestimmung zu gebrauchen, beeinträchtigt oder ausgeschlossen sein. Im Gegensatz zur Nutzungsentschädigung beim Kraftfahrzeug wird hier jedoch nicht der Gegenstand der Nutzung als solcher betroffen. Der BGH (VersR 1971, 444 für Jagdpacht) hat es daher auch abgelehnt, die Rechtsprechung zum Kfz-Nutzungsausfall entsprechend auszudehnen. Um einer ungerechtfertigten und unübersehbaren Ausuferung des Schadensersatzes vorzubeugen, hat er einen ersatzpflichtigen Schaden verneint.

g) "Frustrierte" Aufwendungen

 

Rz. 126

Zweifelhaft ist, ob Vermögensaufwendungen des Geschädigten, die wegen des Unfalles nutzlos werden, einen ersatzpflichtigen Schaden bilden. Der BGH verneint für das Deliktsrecht einen allgemeinen Rechtssatz, nach dem solche "frustrierten" Aufwendungen (vgl. auch Rdn 738 ff.) zu ersetzen seien (BGH VersR 1971, 444; VersR 1976, 47; VersR 1976, 956; VersR 1978, 838). Er lehnt einen Schadensersatzanspruch jedenfalls in solchen Fällen ab, in denen es um fortlaufende Aufwendungen geht, die nur für einen vorübergehenden Zeitraum nutzlos werden.

 

Rz. 127

Schadensersatz ist aber dann zuzusprechen, wenn zusätzliche Geldaufwendungen für einen bestimmten Zeitraum erbracht worden waren (BGH VersR 1976, 956). Der BGH bejaht außerdem eine Ersatzpflicht für den Fall, dass der Geschädigte finanzielle Aufwendungen für einen Urlaub gemacht hat, die nutzlos werden, weil der Urlau...

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