Rz. 593
Der Erwerbsschaden gem. §§ 842, 843 Abs. 1 BGB umfasst alle wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, die der Geschädigte erleidet, weil und soweit er seine Arbeitskraft verletzungsbedingt nicht mehr einsetzen kann. Zu ersetzen ist daher sowohl der Verlust von Einkommen jeglicher Art als auch aller Vermögensnachteile, die im Zusammenhang mit jeder Art von Verwertung der Arbeitskraft stehen. Der Verdienstausfallschaden setzt aber stets eine konkrete Vermögenseinbuße voraus. Eine fiktive Berechnung ist also unzulässig (BGH NJW 1970, 1411).
Rz. 594
Der Anspruch ist in Rentenform quartalsweise vorschüssig (§§ 843 Abs. 2, 760 BGB) zu zahlen. Er ist ausschließlich konkret auszugleichen. Eine abstrakte Minderung der Erwerbstätigkeit ist kein Erwerbsschaden (BGH NJW 1970, 1411), eine fiktive Abrechnung ist aber möglich (siehe unten Rdn 693 ff.).
Rz. 595
Hierzu gehören alle Einkünfte des Verletzten vor dem Unfall, die dieser zur Bestreitung seines Lebensunterhalts erzielt hat, also auch Nebeneinnahmen aus Schwarzarbeit, auch wenn sie unter Umgehung steuerlicher oder sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen erzielt wurden (BGH VersR 1967, 1068).
Rz. 596
Dazu gehören aber auch etwaig erzielbare höhere Einkünfte nach dem Unfall, die Folge einer zu erwartenden zukünftigen Karriere des Verletzten sein werden (so genannter Karriereschaden). Nachweispflichtig hierfür ist selbstverständlich allein der Geschädigte. Ihm steht aber im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität ein erheblicher "Schätzungsbonus" zur Seite, der von der Rechtsprechung stets großzügig ausgelegt wird. Der Geschädigte kann z.B. auf die Karriere von Kollegen verweisen, die mit ihm zusammen zeitgleich in der gleichen Position beschäftigt waren.
Rz. 597
Der Erwerbsschaden wird nach der Differenzmethode berechnet (BGH 1999, 3625), was bedeutet, das der "Hätte-Verdienst" dem "Ist-Einkommen" gegenüber zu stellen ist. Davon abzusetzen sind dann etwaige tatsächlich erzielte Einkünfte, auch Rentenleistungen etc., sowie etwaiger Vorteilsausgleich (z.B. eingesparte Fahrtkosten zum Arbeitsplatz). Ggf. hat dann noch eine Korrektur nach den Grundsätzen des Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht stattzufinden (z.B. schuldhaft nicht erzieltes, aber erzielbares Einkommen).
Rz. 598
In der Praxis ist also zunächst das "Hätte-Einkommen" darzustellen. Ihm gegenüberzustellen ist das tatsächliche "Ist-Einkommen", also die Summe aller ersatzweise tatsächlich geleisteten Zahlungen, von wem auch immer sie stammen. Die Differenz ergibt den Verdienstausfallschaden.