Rz. 76

Die Rechtskraft eines Schmerzensgeldurteils erstreckt sich auf alle Verletzungsfolgen, die entweder – objektiv betrachtet, d.h. nach den Erkenntnissen und Erfahrungen eines Sachkundigen (z.B. Arztes) – bereits eingetreten oder objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH v. 10.7.2018 – VI ZR 259/15 – VersR 2018, 1462; vgl. auch Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 253 Rn 50; Diederichsen, VersR 2005, 433, 439; Heß, zfs 2001, 532, 534).

 

Rz. 77

Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren zukünftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (BGH VersR 1961, 164 f., BGH DAR 2006, 445; BGH v. 10.7.2018 – VI ZR 259/15 – VersR 2018, 1462). Solche Verletzungsfolgen, die zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen, werden von der vom Gericht ausgesprochenen Rechtsfolge nicht umfasst und können deshalb Grundlage für einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld sein (BGH 2006, 445 m.w.N.).

 

Rz. 78

Ob Verletzungsfolgen im Zeitpunkt der Zuerkennung eines Schmerzensgeldes erkennbar waren, beurteilt sich nicht nach der subjektiven Sicht der Parteien, sondern nach objektiven Gesichtspunkten, das heißt nach den Kenntnissen und Erfahrungen eines insoweit Sachkundigen (OLG Köln zfs 1992, 82; OLG Oldenburg VersR 1997, 1541; OLG Köln VersR 1997, 1551, OLG Koblenz). Maßgebend ist, ob sich bereits in jenem Verfahren eine Verletzungsfolge als derart nahe liegend darstellte, dass sie schon damals bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden konnte (Kreft, in: BGB-RGRK, 12. Auflage, § 847 Rn 51).

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