aa) Allgemeines
Rz. 421
Solange sich der Verletzte im Krankenhaus befindet, erspart er Kosten, die er zu Hause ebenfalls gehabt hätte. Auch dort hätte er z.B. essen und trinken müssen. Diese häuslichen Verpflegungskosten können nur geschätzt werden. Die Rechtsprechung geht von täglichen Beträgen zwischen 4 EUR (Kinder und alte Leute) und 5 bis 10 EUR aus, je nach Lebensstandard.
Rz. 422
Solange jedoch der Verletzte im Rahmen der Kostendämpfung im Gesundheitswesen eigene Anteile an den Verpflegungskosten im Krankenhaus zu tragen hat (täglich 10 EUR für längstens 28 Tage je Kalenderjahr gem. § 39 Abs. 4 i.V.m. § 61 S. 2 SGB V), sind diese Kosten von den vorgenannten ersparten Kosten häuslicher Verpflegung abzuziehen. Diese Ansprüche gehen nämlich nicht auf den Sozialleistungsträger über, sondern verbleiben dem Geschädigten.
Rz. 423
Der Geschädigte braucht sich also für die ersten 28 Tage des stationären Krankenhausaufenthaltes nur die Differenz zwischen tatsächlicher häuslicher Ersparnis und den Verpflegungskostenanteilen im Krankenhaus anrechnen zu lassen (Ausnahme: Arbeitnehmer, vgl. Rdn 425 ff., § 4 Rdn 60 ff.).
Rz. 424
Tipp
Die Mandanten kommen immer wieder mit den Rechnungen der Krankenhäuser wegen der Eigenbeteiligungskosten. Es ist daher zweckmäßig, ihnen gleich zu Anfang mit leicht verständlichen Worten zu erklären, warum diese Kosten von ihnen selbst getragen werden müssen.
Beispiel: "Zu Hause hätten Sie doch auch mindestens für 5 bis 7 EUR am Tag gegessen und getrunken. Dort hätten Sie solche Kosten ja auch aus eigener Tasche bezahlen müssen. Nun kann nicht der Unfallgegner für Ihre Ernährung zuständig werden, nur weil Sie im Krankenhaus versorgt werden."
bb) Besonderheiten beim Arbeitnehmer
Rz. 425
Wegen der nachfolgend beschriebenen Besonderheiten kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den Arbeitgebern der Geschädigten, die nicht einzusehen vermögen, weshalb sie de facto den Abzug der ersparten häuslichen Verpflegung zu tragen haben, ohne Ersatz vom Schädiger erhalten zu können.
Rz. 426
Das ist auch kompliziert und sollte am besten in weiterführender Literatur vertieft werden (gut beschrieben bei Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, Rn 245 ff.). Hier soll daher nur ein kurzer Abriss gegeben werden, Grundlage ist die diesbezügliche Rechtsprechung des BGH (NJW 1984, 2628).
Rz. 427
Übernimmt ein Sozialleistungsträger die Kosten stationärer Heilbehandlung, kann er wegen der Eigenersparnisse des Verletzten auf dessen Erwerbsschaden zurückgreifen. Dieser Rückgriff bezieht sich auf die Differenz zwischen seiner Leistung und dem um die häuslichen Ersparnisse geminderten Schaden des Verletzten. Die ersparten Verpflegungskosten sind daher im Falle der Entgeltfortzahlung beim Arbeitgeber abzuziehen.
Rz. 428
Beispiel (aus Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 13.2. Auflage 2020, Rn 242 ff.)
Kosten stationärer Heilbehandlung täglich |
300 EUR |
ersparte Verpflegungskosten |
– 10 EUR |
Schaden Heilbehandlung |
290 EUR |
Erwerbsschaden |
100 EUR |
Leistung Krankenkasse Heilbehandlung |
300 EUR |
Regress Krankenkasse |
|
▪ |
auf Schadensersatz wegen Heilbehandlung |
|
290 EUR |
|
+ 10 EUR |
|
300 EUR |
Verbleibender Erwerbsschaden |
100 EUR – 10 EUR 90 EUR |
Rz. 429
Bei Entgeltfortzahlung an einen sozialversicherten Arbeitnehmer bedeutet das, dass der Abzug beim Arbeitgeber erfolgt. Das rührt daher, dass der Anspruch des Verletzten auf Verdienstausfall in Höhe der häuslichen Ersparnisse schon im Zeitpunkt des Unfalls auf den Sozialleistungsträger übergegangen ist und der Arbeitgeber daher beim zeitlich späteren Übergang seiner Ansprüche nach § 6 EFZG nur noch den restlichen Anspruch erwerben kann (vgl. § 4 Rdn 60 ff.).
Rz. 430
Bei Entgeltfortzahlung an einen privat versicherten Beamten wird der Abzug beim privaten Krankenversicherer vorgenommen. Hier erwirbt der Dienstherr als Beihilfeverpflichteter zum Unfallzeitpunkt den gesamten Anspruch und der Krankenversicherer erst zum Zeitpunkt und auch nur im Umfange seiner tatsächlichen Leistung.