Rz. 716

Problematisch wird die Sollprognose bei verletzten Kindern, die ihre Schul- oder Ausbildungszeit noch nicht oder nur zum Teil zum Abschluss gebracht haben, als der Unfall geschah.

 

Rz. 717

Diese Prognose wird umso schwieriger, je weniger Tatsachen zur Verfügung stehen, die einen Schluss auf die berufliche Zukunft zulassen. Da in solchen Fällen oft weder eine kontinuierliche berufliche Laufbahn noch die Art eines potentiellen Ausbildungsabschlusses nachgewiesen werden kann, muss der "Schätzungsbonus" besonders weit gehen.

 

Rz. 718

Aber auch hier müssen Anknüpfungstatsachen dargelegt und bewiesen werden, z.B. – soweit gegeben – bisheriger Ausbildungsweg und Zeugnisse, ansonsten: beruflicher Weg der Eltern und/oder Geschwister, ggf. der Großeltern, Familientradition, bisher erkennbare Neigungen und Fähigkeiten (OLG Karlsruhe zfs 1990, 151).

 

Rz. 719

Noch etwas anders stellt sich das bei jungen Menschen dar, die am Anfang einer beruflichen Situation standen, als der Unfall sie ereilte.

 

Rz. 720

Zur Darlegung der zukünftigen hypothetischen Berufsentwicklung und eines dabei erzielten Einkommens kann der Geschädigte bekanntlich auf die Erleichterungen des § 252 BGB zurückgreifen. Diese Vorschrift lässt es in der Regel nicht zu, dem Geschädigten jeglichen Ersatz eines Verdienstausfalles zu versagen (BGH zfs 1997, 131 = DAR 1997, 153 = NJW 1997, 222). So versagen die Instanzgerichte dem jungen Geschädigten oft den Ersatzanspruch mit der – unzutreffenden – Begründung, er habe nicht glaubhaft machen können, dass er ohne den Unfall weiterhin oder zukünftig in einem bestimmten Beruf tätig gewesen wäre.

 

Rz. 721

Ob ein Verletzter ohne den Unfall durch Verwertung seiner Arbeitskraft Einkünfte erzielt hätte, ist durch eine nach § 252 S. 2 BGB anzustellende Prognose zu ermitteln, für die eine Wahrscheinlichkeit über den gewöhnlichen Verlauf der Dinge genügt. Bei dieser Wahrscheinlichkeitsprüfung ist aber nicht allein auf den Unfallzeitpunkt sowie die damals bestehenden Verhältnisse abzustellen. Vielmehr ist auch die wahrscheinliche künftige Entwicklung maßgebend. Auch müssen anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen, mitberücksichtigt werden (BGH zfs 1997, 131 = DAR 1997, 153 = NJW 1997, 222; DAR 1999, 401).

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