Rz. 722
Oft muss der Geschädigte seinen Berufsweg unfallbedingt über einen gewissen Zeitraum unterbrechen. Das gilt insbesondere bei Schülern und in der Berufsausbildung befindlichen Menschen. Dadurch bedingt verzögert sich entsprechend der Eintritt in das Berufsleben.
Rz. 723
Grundsätzlich hat der Schädiger alle damit verbundenen vermögensrechtlich relevanten Nachteile zu ersetzen. Darunter fallen z.B. entgangene Ausbildungsvergütung und Ersatz des später erzielbaren Gehalts für den Zeitraum der Verzögerung, lebenslanger Minderverdienst infolge verspäteter Einkommenssteigerungen, dadurch bedingte Rentenminderungen, allgemeiner Mehraufwand wegen zwischenzeitlich eingetretener Verschlechterung der Eintrittsbedingungen in das Berufsleben.
Rz. 724
Die Bezifferung des Schadens ergibt sich aus der Gegenüberstellung von Ist- und Sollverlauf. Problematisch ist dabei – trotz der auch hier gültigen Beweiserleichterungen gem. § 252 BGB, § 287 ZPO – allenfalls der dem Geschädigten obliegende Nachweis des Zeitpunktes des Abschlusses der Ausbildung und des Abschlussergebnisses, wonach sich die Beantwortung der Frage nach den konkreten Aussichten des Eintritts in das Erwerbsleben richtet (vgl. BGH zfs 1997, 131).
Rz. 725
Der Verdienstausfallschaden tritt jedoch erst ab dem Zeitpunkt ein, in dem der Geschädigte nach der Schul- und Berufsausbildung in das Erwerbsleben eingetreten wäre. Ggf. bleibt also nur ein Feststellungsanspruch bzw. ein Zukunftsschadensvorbehalt.
Rz. 726
Zu berücksichtigen ist auch, dass der Geschädigte ggf. zunächst noch seinen Wehrdienst zu absolvieren gehabt hätte, wegen seiner unfallbedingten Verletzungen davon nun aber befreit ist (OLG Hamm NZV 1999, 248). Allerdings wird nicht zu jeder Zeit jeder qualifiziert Gemusterte auch tatsächlich später eingezogen. Demzufolge kann nicht in jedem Falle ein entsprechender Vorteilsausgleich erfolgen.
Rz. 727
Tipp
Oft bleibt nichts anderes übrig, als den konkreten weiteren Ausbildungsverlauf abzuwarten, die Akte so lange offen zu halten und zunächst lediglich für Verjährungshemmung zu sorgen, bis die – verzögerte – Ausbildung tatsächlich beendet ist. Wenn der Mandant dann die erwartete Anstellung erhalten hat, lässt sich aus den tatsächlich dann erzielten Einkünften problemlos nachberechnen. Ist die Stelle dann weg und hat sie ein anderer erhalten, reicht eine entsprechende Bestätigung des Arbeitgebers, wonach der Mandant sie ohne die stattgefundene Verzögerung erhalten hätte, im Zusammenhang mit den Einkommensnachweisen des "Vergleichsmannes" aus.