Rz. 165

Der Verletzte ist u.U. verpflichtet, operative Maßnahmen an sich vornehmen zu lassen, die geeignet sind, seine gesundheitliche Situation zu verbessern. Daher kann ein Mitverschulden darin bestehen, dass ein Geschädigter nicht "zur Heilung oder Besserung seiner Krankheit oder Schädigung die nach dem Stande der ärztlichen Wissenschaft sich darbietenden Mittel anwendet" (BGH v. 10.2.2015 – VI ZR 8/14 – DAR 2015, 261), also eine erforderliche und ihm zumutbare Behandlung unterlässt.

 

Rz. 166

Dies gilt allerdings nur dann, wenn derartige Maßnahmen einfach, erfolgversprechend und gefahrlos sind (BGH zfs 1994, 354 = NZV 1994, 271). Ferner dürfen sie nicht mit besonderen Schmerzen verbunden sein und es muss eine hinreichende Aussicht auf Heilung und Besserung bestehen.

 

Rz. 167

Allerdings ist die Zumutbarkeit stets besonders zu prüfen. Keine Operation ist risikolos, kein Arzt kann eine hinreichend sichere Prognose hinsichtlich der Chancen einer Verbesserung abgeben und keine Operation ist schmerzlos. Da im Übrigen der Schädiger im Hinblick auf einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darlegungs- und beweispflichtig ist, wird sich der Geschädigte nur selten auf eine Nachoperation verweisen lassen müssen.

 

Rz. 168

Die Haftpflicht kann enden, wenn der Verletzte eine begonnene und auch für ihn erkennbar erfolgversprechende Psychotherapie entgegen dem ärztlichen Rat nicht fortsetzt zu einem Zeitpunkt, zu dem mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass bei Fortsetzung der Therapie die volle Arbeitsfähigkeit wieder erreicht worden wäre (OLG Frankfurt r+s 2016, 314). Dem Verletzten kann allerdings die fehlende Durchführung einer Psychotherapie z.B. nicht nach § 254 BGB vorgeworfen werden, wenn er gerade wegen seiner psychischen und intellektuellen Anlage die Notwendigkeit einer Therapie nicht erkennen kann (OLG Hamm NZV 1997, 272). Wohl muss der Geschädigte dabei mitwirken, zum schnellen und positiven Heilungsverlauf beizutragen. Er hat sich aber auch ärztlichen Therapieempfehlungen nur im Rahmen des Zumutbaren zu unterwerfen.

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