1. Kapitalentschädigung
Rz. 328
Schmerzensgeld wird grundsätzlich nur in Kapital, also in einer einmaligen Summe entschädigt.
Rz. 329
Tipp
Bei besonders später Regulierung des Schmerzensgeldanspruchs sollte bei einer Kapitalabfindung der zwischenzeitlich eingetretene Zinsverlust mit eingerechnet werden. Dieser sollte natürlich nicht dem Versicherer – quasi als Belohnung für besonders zögerliches Regulierungsverhalten – zustehen, sondern dem Verletzten.
Rz. 330
Auch dann kommt nur eine Kapitalabfindung in Betracht, wenn ein durchschnittlich Verletzter mit einer Dauer-MdE leben muss, sich ein Arthroserisiko realisiert hat bzw. realisieren könnte oder der Geschädigte mit einem psychisch belastenden Amputationsrisiko leben muss, lebenslange Restschmerzen verbleiben oder er nie wieder richtig gehen, greifen oder Sport treiben kann. All diese Faktoren sind also bei der Bemessung des Kapitalbetrages zu berücksichtigen und argumentativ einzuarbeiten.
Rz. 331
Tipp
Auch hier kann der Angst der Mandanten vor der abschließenden Schadensregulierung nur mit Hinweis auf die Rechtslage begegnet werden. Immer wieder auftretende Restbeschwerden oder Dauerschmerzen bzw. -behinderungen sind von dem Schmerzensgeldkapital mit umfasst und berechtigen allenfalls zu einem Zukunftsschadensvorbehalt, der allerdings auch nur dann möglich ist, wenn mit unvorhersehbaren Spätfolgen gerechnet werden muss.
2. Rentenentschädigung
Rz. 332
Daneben kommen aber durchaus auch Rentenzahlungen in Betracht. Um ihren Zweck zu erreichen, dem Geschädigten einen Ausgleich für die immer wieder neu empfundene Beeinträchtigung zu gewähren, muss die Rente einen monatlichen Betrag von 50 EUR deutlich überschreiten. Da die Schmerzensgeldrente nicht durch Koppelung an den Lebenshaltungskostenindex dynamisch ausgestaltet werden darf (BGH VersR 1973, 1087), weist sie bei hoher Inflationsrate einen deutlichen Nachteil auf.
Rz. 333
Die Forderung einer Schmerzensgeldrente kann in Regulierungsverhandlungen den Haftpflichtversicherer zu einem für den Geschädigten günstigen Vergleichsabschluss bewegen: Der Versicherer ist an einem endgültigen Abschluss der Regulierung interessiert und wird für den Ausschluss der Rentengewährung eine höhere Kapitalzahlung erbringen.
Rz. 334
Tipp
Der beratende Anwalt hat bei der Klärung, ob eine in Kapital und Rente aufgespaltene Schmerzensgeldzahlung begehrt werden soll, erhebliche Beratungsleistungen zu erbringen. Insbesondere sollte er auch die Möglichkeit einer Abänderungsklage bezüglich des Rentenbezuges erörtern.
Rz. 335
Wegen des Ausnahmecharakters ist eine Rente aber nur dann denkbar, wenn lebenslange und schwere Dauerschäden gegeben sind, die bei dem Verletzten immer wieder aufs Neue schmerzliche Empfindungen auslösen, ihn also immer wieder schmerzhaft die konkrete Situation seiner Behinderung erleben lassen (BGH MDR 1976, 1012; OLG Frankfurt VersR 1992, 621; OLG Hamm zfs 2005, 122 ff.; LG Hildesheim zfs 2002, 219 ff.). Eine Schmerzensgeldrente sollte – neben einem auf alle Fälle zuzubilligenden Kapitalbetrag – erst ab einer Dauer-MdE von 40 % in Betracht gezogen werden.
Rz. 336
Voraussetzung ist also, dass der Verletzte die Rente als Genugtuung überhaupt empfinden kann. Das ist demzufolge bei Querschnittsgelähmten oder ähnlich schwer Verletzten der Fall, nicht aber bei schwer Hirngeschädigten, die nicht dauernd und immer wieder fühlbar unter den Verletzungsfolgen leiden.
Rz. 337
Ein Rentenanspruch lässt sich auch nicht aus Sorge vor drohender Geldentwertung rechtfertigen. Sie kann aber denkbar sein, wenn z.B. bei einem Minderjährigen wegen der angespannten Finanzsituation der Eltern die Sorge besteht, dass er nicht mehr in den Genuss des Kapitals kommen wird (OLG Frankfurt DAR 1956, 188) oder der Verletzte wegen eines geistigen Defektes mit einem großen Kapitalbetrag verschwenderisch umgehen könnte.
Rz. 338
Kapital und Rente müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Sofern eine Schmerzensgeldrente gezahlt wird, reduziert sich insoweit der Kapitalbetrag. Der sich bei einer Kapitalisierung der Rente ergebende Betrag zuzüglich Kapitalentschädigung soll grundsätzlich den Betrag nicht übersteigen, der für vergleichbare Verletzungen sonst üblicherweise in Betracht kommt (BGH DAR 1976, 244). Bei einer derartigen Gesamtentschädigung aus Schmerzensgeldkapital und Schmerzensgeldrente muss der monatliche Rentenbetrag so bemessen sein, dass er – kapitalisiert – zusammen mit dem zuerkannten Kapitalbetrag einen Gesamtbetrag ergibt, der in seiner Größenordnung einem ausschließlich in Kapitalform zuerkannten Betrag zumindest annähernd entspricht (BGH VersR 1976, 967 ff.; OLG Düsseldorf VersR 1997, 65 ff.; OLG Hamm zfs 2005, 122 ff.).
Rz. 339
Schmerzensgeldrenten unterliegen nicht der Einkommensteuerpflicht (BFH DB 1995, 19). Sie sind grundsätzlich dann nach § 323 ZPO abänderbar, wenn die allgemeine gesellschaftliche und soziale Bewertungssituation sich so stark geändert hat, dass die bisherige Rente nicht mehr als angemessen angesehen werden kann.
Rz. 340
Fraglich ist allerdings, ob...