Rz. 61
Die Zwangsversteigerung erfordert einen vollstreckbaren Titel (Vollstreckungsbescheid, Urteil, Vergleich usw.). Bis zur WEG-Reform 2020 mussten die titulierten, in Rangklasse 2 fallenden Ansprüche eine Wertgrenze (3 % des Einheitswerts) übersteigen; diese Untergrenze besteht nicht mehr. Die Gemeinschaft kann also auch wegen (beliebig) geringer Forderungen die Zwangsversteigerung beantragen. Gehört ein Wohnungseigentum mehreren Schuldnern, muss der Titel gegen alle Eigentümer bestehen. Wird die Zwangsversteigerung gegen mehrere Miteigentümer betrieben, werden genau genommen deren Miteigentumsanteile (nicht "das Wohnungseigentum" als Ganzes) versteigert. Die mehreren Verfahren werden aber normalerweise gem. § 18 ZVG miteinander verbunden. Wer sollte auch Interesse an der Ersteigerung eines Miteigentumsanteils statt an der ganzen Wohnung haben? Dabei ist es durchaus üblich, dass die Verfahrensverbindung nicht ausdrücklich, sondern konkludent dadurch erfolgt, dass ein einheitlicher Anordnungsbeschluss ergeht. Wenn der säumige Wohnungseigentümer auch noch Eigentümer eines Teileigentums "Stellplatz" (oder Garage) in der Anlage ist (für das ebenfalls kein Hausgeld bezahlt wird), betreibt die WEG sinnvollerweise auch gleich die Versteigerung des Teileigentums und beantragt ein "Gesamtausgebot". Die Versteigerung des Teileigentums setzt selbstverständlich einen Titel voraus, der Hausgeldrückstände dieses Teileigentums zum Gegenstand hat. Wenn eine Verwaltung unzulässig Wohnung und Stellplatz nicht auseinandergehalten hat und es nur einen Wirtschaftsplan bzw. eine Jahresabrechnung für beide Einheiten zusammen gibt, wird es schwierig. Man kann versuchen, im Wege des gerichtlichen Mahnverfahrens einen Titel zu erlangen und im Mahnantrag die Hausgeldforderungen nach freier Schätzung auf die Wohnung einerseits und das Teileigentum andererseits aufzuteilen; wenn der Schuldner nicht widerspricht, ergeht ein entsprechender Titel. (Dem Schuldner geschieht damit kein Unrecht, denn seine Zahllast erhöht sich dadurch nicht.) Klappt das nicht, führt kein Weg daran vorbei, die anspruchsbegründenden Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne erneut – und dann richtig – beschließen zu lassen.
Rz. 62
Der Rechtspfleger, dem bei der Immobiliarzwangsvollstreckung die funktionelle Zuständigkeit zugewiesen und der daher "das Vollstreckungsgericht" ist (§ 3 Nr. 1i RPflG), muss prüfen können, ob die dem Versteigerungsantrag zugrunde liegenden Forderungen in die Rangklasse 2 fallen. § 10 Abs. 3 1 ZVG verlangt, dass aus dem Titel "die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind". An die betreffenden Angaben im Titel ist das Vollstreckungsgericht gebunden. Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen (§ 10 Abs. 3 2 ZVG). Bei einem streitigen Urteil ergeben sich die erforderlichen Angaben aus den Gründen. Bei einem Anerkenntnis- oder Versäumnisurteil müssen zur Glaubhaftmachung die Klageschrift und ggf. weitere prozessuale Schriftsätze oder auch eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt werden, denen zu entnehmen ist, wie sich der titulierte Betrag zusammensetzt, sofern diese Angaben nicht bereits durch entsprechende Formulierung des Klageantrags aus dem Tenor ersichtlich sind. Einem Vollstreckungsbescheid muss aus sich heraus die Zuordnung zu Rangklasse 2 zu entnehmen sein, worauf schon bei der Antragstellung zu achten ist; der Antrag muss die Bezugsjahre der einzelnen Forderungen und die Zuordnung zur Schuldnerwohnung ausweisen, damit der daraufhin ergehende Vollstreckungsbescheid entsprechend lautet. Zur Not kann der Objektbezug auch durch eine eidesstattliche Versicherung des Verwalters glaubhaft gemacht werden. Wenn die Zwangsversteigerung oder der Beitritt statt in der beantragten Rangklasse 2 nur in Rangklasse 5 angeordnet bzw. zugelassen wird, kann die Gemeinschaft sofortige Beschwerde gem. § 793 ZPO einlegen (str.).