Rz. 251
Zu nicht-ordnungsgemäßen Maßnahmen bedarf es der Zustimmung aller Miterben, was sich als Umkehrschluss aus § 2038 Abs. 1 BGB ergibt. Walter Krug hat nun eingewandt: Woher weiß der Geschäftsgegner, dass es sich um eine ordnungsgemäße und nicht um eine nicht-ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme handelt, für die die Zustimmung aller Miterben erforderlich ist? Er fordert: Der Schutz des Geschäftsgegners mache stets die Mitwirkung aller Miterben erforderlich.
Werden in der Erbengemeinschaft Mehrheitsbeschlüsse gefasst, und handelt daraufhin die Mehrheit, während die überstimmte Minderheit entgegen § 2038 Abs. 1 BGB die gebotene Mitwirkung (nach außen) verweigert, so haben die handelnden Miterben zu erkennen zu geben, dass sie für die Erbengemeinschaft handeln und wie die Mehrheitsverhältnisse sind; anderenfalls würde § 164 Abs. 2 BGB eingreifen (wer nicht zu erkennen gibt, dass er im fremden Namen handelt ...; siehe Rdn 231 f.). Da anerkannt ist, dass bei ordnungsgemäßen Rechtsgeschäften die Mehrheit die überstimmte Minderheit der Miterben vertreten kann, ist davon auszugehen, dass die Last der Überprüfung eines Rechtsgeschäfts auf seine Ordnungsmäßigkeit beim Geschäftsgegner liegt. Der gute Glaube an die Ordnungsmäßigkeit wird per se nicht geschützt.
In allen Fällen ist auch das nicht-fahrlässige Vertrauen auf die Beachtung der Ordnungsmäßigkeit unbeachtlich, d.h. das ordnungswidrige Geschäft ist unwirksam. Es liegt also ein Fall des Fehlens der Vertretungsmacht und damit der persönlichen Haftung der Handelnden (§ 179 BGB) vor. Dieser Umstand bietet einen gewissen Schutz für die Geschäftsgegner einer Erbengemeinschaft (§ 179 BGB).
Auf der Seite der Erbengemeinschaft ist es Sache der überstimmten Minderheit, notfalls durch einstweilige Verfügung die Unterlassung der Maßnahme gegenüber der Mehrheit, die fälschlich von einer ordnungsmäßigen Verwaltung ausgeht, durchzusetzen. Auch kann eine Feststellungsklage hinsichtlich der Nichtigkeit des Beschlusses erhoben werden. Bei Verpflichtungsgeschäften mag der Geschäftsgegner das Vertragsangebot einer Erbenmehrheit, die vorgibt für die Erbengemeinschaft zu handeln, zurückweisen; bei einseitigen Verfügungsgeschäften ist das nicht möglich, der Gegner trägt das Risiko, an die Vertretungsmacht zu glauben und im Falle von deren Fehlen von den Handelnden Schadensersatz nach § 179 BGB zu fordern.
Beispiel 1
Der Gegner kann das Angebot zu einem langjährigen Pachtvertrag ablehnen, wenn die Urkunde nur drei Unterschriften aufweist, obgleich anhand des Erbscheins ersichtlich ist, dass die Unterzeichneten bei der erfolgten Angabe der Erbquoten nur ¾ der Stimmen in der Erbengemeinschaft haben und dabei sogar noch ein Minderjähriger durch seine Eltern vertreten wird. Er ist nicht verpflichtet einen Vertrag zu schließen.
Lässt der Gegner sich auf den Pachtvertrag mit der Erbengemeinschaft ein, stellt sich aber heraus, dass die Mehrheit der Stimmen fehlte, so hatten die handelnden Miterben nicht die Vertretungsmacht für die ablehnenden Miterben, der Vertrag ist unwirksam. Er bleibt unwirksam, wenn nicht die Mehrheit der Miterben ihn genehmigt. Der Gegner kann nach § 179 BGB gegen die handelnden Miterben persönlich vorgehen.
Beispiel 2
Die Mehrheit der Miterben einschließlich des Minderjährigen kündigt dem von der Erbenmehrheit gewählten Verwalter des Nachlasses wegen Untreue fristlos den Anstellungsvertrag.
Dieser weist die Kündigung wegen Nichtbeteiligung des vierten Miterben zurück. Die Kündigung ist wirksam, wenn eine ¾ Mehrheit der Miterben für eine Kündigung gestimmt hatte. Fehlte diese Mehrheit, so ist die Kündigung unwirksam.
Nichts anderes dürfte bei Tätigwerden im Rahmen eines vorhandenen Notverwaltungsrechts gelten.