Rz. 67
Für bestimmte Regelungsgegenstände macht es keinen Unterschied, ob die Ehegatten erst getrennt leben oder schon geschieden sind.
I. Vereinbarungen zum Kindesunterhalt
1. Kein Verzicht auf Kindesunterhalt
Rz. 68
Es ist § 1613 BGB zu beachten und dass – ähnlich wie beim Trennungsunterhalt – das Unterschreiten einer bestimmten Grenze gem. §§ 134, 397 BGB zur Nichtigkeit der Klausel und ggf. – § 139 BGB – zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages führt. Hierbei ist es einerlei, ob der unzulässige Verzicht durch Vereinbarung eines zu niedrigen Tabellensatzes oder durch eine sonstige Reduzierung der Unterhaltspflicht herbei geführt wird. Es soll jedoch zulässig sein, hinsichtlich von Teilbeträgen eine Zweckbindung zu vereinbaren. Rechtswidrig sind auch Unabänderbarkeitsklauseln bis zum 18. Lebensjahr und Vollstreckungsverzichte, jedenfalls soweit sie die Zukunft betreffen.
Rz. 69
Wie beim Ehegattenunterhalt eröffnet das Gesetz gewisse Spielräume. Die Rechtsfolge der Nichtigkeit greift erst ein, wenn der geschuldete Unterhalt um ⅓ unterschritten wird.
Rz. 70
Um ein dem Verzicht wirtschaftlich möglichst gleichwertiges Ergebnis zu erzielen, kann eine Freistellung vereinbart werden. Diese ändert an der bestehenden Unterhaltsverpflichtung im Verhältnis Elternteil – Kind nichts. Im Falle der Inanspruchnahme ist jedoch der andere Elternteil verpflichtet, eine entsprechende Ausgleichszahlung zu leisten. Es handelt sich um einen vertraglichen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch.
2. Regelungsmöglichkeiten
Rz. 71
Im Übrigen kommen insbesondere folgende Regelungen im Betracht:
▪ |
Dynamischer oder nicht dynamischer Unterhalt |
▪ |
Zusätzliche Unterhaltsleistung (erhöhte Unterhaltspflicht), ggf. in Natur; ggf. Wegfall bei späterem gegnerischem Abänderungsverlangen |
▪ |
Restriktionen beim Abänderungsrecht |
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Mehrbedarf, Sonderbedarf insbesondere wenn gesetzlich nicht geschuldet |
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Krankenversicherung, insbesondere über den geschuldeten Tarif hinaus |
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Nichtanrechnung des Kindergeldes |
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Freistellungsvereinbarungen |
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Regelung der Umgangskosten, insbesondere bei großer Ortsverschiedenheit |
▪ |
Regelungen für den Fall des Obhutswechsels und/oder der Volljährigkeit analog familienrechtlichem Ausgleichsanspruch |
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Bei volljährigen Kindern Vereinbarung insbesondere zur internen Haftungsquote und zum Vorwegabzug beim Ehegattenunterhalt |
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Beim Wechselmodell die Vereinbarung einer einfach zu handhabenden Regelung abweichend vom peniblen BGH-Modell mit den konkreten Betreuungsanteilen |
3. Statischer oder dynamisierter Kindesunterhalt
Rz. 72
Ein minderjähriges Kind hat aus § 1612a BGB einen klagbaren Anspruch auf die Titulierung eines dynamisierten Unterhalts. Da dieser die praktische Handhabung erheblich vereinfacht, kann die entsprechende Abfassung eines Kindesunterhaltsanspruchs in einem Scheidungsfolgenvertrag angeraten werden. Wird lediglich ein statischer Titel errichtet, hat das Kind einen Anspruch auf Abänderung
Rz. 73
Muster 9.10: Dynamisierter Kindesunterhalt
Muster 9.10: Dynamisierter Kindesunterhalt
Der Erschienene zu 1) verpflichtet sich, an das minderjährige Kind der Erschienenen _________________________, geb. am, zu Händen der Erschienenen zu 2) einen monatlichen, zum jeweils ersten Kalendertag fälligen Unterhalt in Höhe von _________________________% des jeweiligen Mindestbedarfs der jeweiligen Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle, zzt. _________________________ EUR abzüglich hälftigen Kindesgeldes, zzt. _________________________ EUR, somit zurzeit insgesamt _________________________ EUR, zu zahlen.
Geschäftsgrundlage dieser Vereinbarung ist ein unterhaltsrechtlich bereinigtes Nettoeinkommen des Erschienenen zu 1), das wie folgt ermittelt worden ist: (es folgt die Darstellung des Einkommens und seiner Bereinigung). Geschäftsgrundlage ist ferner, dass das Kind dauerhaft in der Obhut der Erschienenen zu 2) lebt.
Rz. 74
Bei alten dynamisierten Unterhaltstiteln incl. entsprechender vertraglicher Vereinbarungen ist § 36 Nr. 3 EGZPO zu beachten und der alte Titel umzurechnen oder unter Schaffung des neuen Titels aufzuheben.
II. Vereinbarungen zur elterlichen Sorge
1. Allgemeines
Rz. 75
Während sich in anderen Vertragssachen die anwaltliche Beratungstätigkeit weitgehend auf die Prüfung von Rechtstatsachen erstreckt, die in irgendeiner Form rechenbar sind (Unterhalt, Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich), steht beim Sorgerecht materiell das Kindeswohl im Mittelpunkt. Hier ist der Anwalt auf die Angaben der Mandantschaft angewiesen, wobei durchaus kritisch hinterfragt werden kann, ob deren Wertungen richtig sind und vom Kindeswohlgedanken getragen werden oder ob nicht vielleicht andere, insbesondere pekuniäre Interessen hinter der gewünschten Regelung stehen.
Rz. 76
Der Anwalt steht in Sorgesachen immer in der Gefahr eines ethischen Konfliktes. Adressat von § 156 FamFG, wonach in Kindschaftssachen auf das Einvernehmen der Eltern hinzuwirken ist, ist allein das Gericht. Der Anwalt ist auch hier einseitige...