I. Regelungen zu Obliegenheiten nach Eintritt des Rechtsschutzfalles
Rz. 70
In § 17 ARB 2010 ist das Verhalten beider Vertragsparteien nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles festgelegt.
1. Die Verpflichtung des Versicherungsnehmers
Rz. 71
In § 17 Abs. 1 lit. a bis c ARB 2010 sind verschiedene Obliegenheiten festgelegt, die der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalles zu beachten hat. Diese Regelung beinhaltet für den Versicherungsnehmer die Verpflichtung, wenn er einen Rechtsschutzanspruch geltend machen will, den Versicherer vollständig und wahrheitsgemäß über den Fall mit Angabe von Beweismitteln zu unterrichten und auf Verlangen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Diese Regelung knüpft an die gesetzliche Obliegenheit des § 33 VVG an, die dem Versicherungsnehmer die Verpflichtung zur unverzüglichen Anzeige eines Rechtsschutzfalles auferlegt. Für den Bereich der Rechtsschutzversicherung ist diese Obliegenheit nur eingeschränkt festgelegt, nämlich nur dann, wenn der Versicherungsnehmer Leistungen aus der Rechtsschutzversicherung beansprucht. Macht der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Rechtsschutzleistung geltend, muss er dem Versicherer alle ihm bekannten, für den Rechtsschutzfall erheblichen Umstände mitteilen, insbesondere auch ihm nachteilige sowie bereits bekannte Einwendungen des Gegners. Ausgenommen hiervon sind solche Tatsachen, die die Erfolgsaussichten einer Verteidigung bei Disziplinar- und Standes-Rechtsschutz gem. § 2 lit. h ARB sowie Straf-Rechtsschutz gem. § 2 lit. i ARB und bei Ordnungswidrigkeiten-Rechtsschutz gem. § 2 lit. j ARB betreffen, sowie die Erfolgsaussichten bei Beratungs-Rechtsschutz gem. § 2 lit. k ARB. Diese Einschränkung ergibt sich daraus, dass bei den vorgenannten Leistungsarten der Rechtsschutzversicherer die Erfolgsaussichten nicht prüft.
2. Grenzen der Verpflichtung
Rz. 72
Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Versicherungsnehmer nach einer Deckungsablehnung des Versicherers nicht weiter an die Obliegenheitspflicht gebunden. Dies folgt daraus, dass Zweck der Obliegenheit ist, dem Versicherer, der grundsätzlich leistungsbereit ist, die Prüfung seiner Leistungspflicht zu ermöglichen und zu erleichtern. Dieser Prüfung bedarf es aber nach einer Leistungsablehnung nicht mehr. Diese bei der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gelten auch in der Rechtsschutzversicherung.
II. Übersicht über Obliegenheiten
1. Die einzelnen Obliegenheiten
Rz. 73
In § 17 Abs. 1 ARB 2010 sind verschiedene Obliegenheiten geregelt, die der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalles zu beachten hat, nämlich:
▪ |
Informationsobliegenheit, |
▪ |
Gefahrstandsobliegenheit, |
▪ |
Schadensminderungsobliegenheit, |
▪ |
Abstimmungsobliegenheit, |
▪ |
Warteobliegenheit. |
2. Übersicht: Obliegenheiten
a) Die Regelungen in den ARB 2008 sowie 2010
Rz. 74
Obliegenheit |
Regelungen |
ARB 2008 |
ARB 2010 |
Information und vollständige Angabe von Beweismitteln |
§ 17 Abs. 5 lit. a |
§ 17 Abs. 5 lit. a |
Sachstandsmitteilung auf Verlangen |
§ 17 Abs. 5 lit. b |
§ 17 Abs. 5 lit. b |
Abstimmungsobliegenheit |
– |
§ 17 Abs. 1, lit. c, aa |
Einholung der Zustimmung |
§ 17 Abs. 5 lit. c, aa |
§ 17 Abs. 1 lit. c, aa |
Vermeidung unnötiger Kostenerhöhung |
§ 17 Abs. 5 lit. c, cc |
§ 17 Abs. 1 lit. c, bb |
Pflicht zur Teilklage |
– |
§ 17 Abs. 1 lit. c, bb |
Warteobliegenheit |
§ 17 Abs. 5 lit. c, bb |
§ 17 Abs. 1 lit. c, bb |
Unterstützung bei Kostenerstattungsansprüchen |
§ 17 Abs. 8 |
§ 17 Abs. 9 |
Rechtsfolgen der Obliegenheitsverletzung |
§ 17 Abs. 6 |
§ 17 Abs. 6, 9 |
b) Übersicht über die Rechtsfolgen der Obliegenheitsverletzung
aa) Rechtsfolgen nach altem Recht
Rz. 75
bb) Rechtsfolgen ab dem 1.1.2008 (§ 17 Abs. 6 ARB/§ 28 VVG n.F.)
Rz. 76
III. Inhalt der Pflichten aus Obliegenheiten
Rz. 77
Während die Regelung des § 17 Abs. 1 ARB 2010 dem Versicherungsnehmer die Verpflichtung auferlegt, die Rechtsschutzversicherung vollständig und wahrheitsgemäß über den Fall mit Angabe von Beweismitteln zu unterrichten, bedeutet diese Verpflichtung für den Versicherungsnehmer nicht, von sich aus Unterlagen vorzulegen. Diese sind vielmehr nur auf Verlangen des Versicherers vorzulegen. In der Praxis wird sich aber häufig die Vorlage von Unterlagen mit der Meldung des Rechtsschutzfalles ergeben.
Rz. 78
Bei den vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden Obliegenheiten ist zu unterscheiden zwischen den verbal zu erfüllenden Obliegenheiten und den Obliegenheiten zu tatsächlichem Verhalten. Zur ersten Gruppe zählen die zahlreichen Anzeige-, Aufklärungs-, Auskunfts- und Mitteilungspflichten des VN. Diese werden erfüllt durch mündliche oder schriftliche Wissenserklärungen zuzüglich der Vorlage etwaiger Unterlagen und Belege.
Rz. 79
Die Verpflichtung zur Erfüllung der Obliegenheiten zu tatsächlichem Verhalten beinhaltet ein sonstiges Tun oder Unterlassen, wie die Führerschein- oder Schwarzfahrtklausel zeigt. Diese Obliegenheiten sind nicht nur relevant vor Eintritt des Versicherungsfalles, sondern kommen auch zur Erfüllung von Rettungs- und Aufklärungsobliegenheiten auch nach dem Versicherungsfall vor. Diese Grundsätze sind auch zu übertragen auf die in der Rechtsschutzversicherung zu erfüllenden Obliegenheiten.
Rz. 80
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