1. Informationsobliegenheit

 

Rz. 81

Die Informationsobliegenheit entsteht in der Regel erst durch die Beauftragung eines Anwaltes zur Wahrnehmung der rechtlichen Interessen. In diesem Fall ist der Versicherer so rechtzeitig zu informieren, dass es ihm noch möglich ist, seine Eintrittspflicht zu prüfen und sachgerechte Entscheidungen zu treffen.

 

Rz. 82

Zu dieser Obliegenheit können sich in der Praxis regelmäßig aber nur dann Probleme ergeben, wenn die Meldung des Rechtsschutzfalles erst nach Klageerhebung oder nach Abschluss der ersten Instanz oder der Berufungsinstanz erfolgt. In diesem Fall ist das Verhalten des Versicherungsnehmers als grob fahrlässig zu werten.[48]

 

Rz. 83

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der Anwalt, wenn er die Meldung des Rechtsschutzfalles übernommen hat und somit zum Repräsentanten wird, Schadenersatzansprüchen ausgesetzt sein kann, wenn er die rechtzeitige Meldung des Rechtsschutzfalles unterlässt oder insbesondere bei einem eingelegten Rechtsmittel auch nach vorangegangener Deckungszusage für die erste Instanz es unterlässt, die Einlegung des Rechtsmittels dem Rechtsschutzversicherer zu melden oder mit diesem abzustimmen.

 

Rz. 84

Die Informationspflicht beinhaltet, den Rechtsschutzversicherer über die beabsichtigte Interessenwahrnehmung vollständig zu informieren. Dies beinhaltet auch die Verpflichtung, die für den Versicherungsnehmer ungünstigen Tatsachen mitzuteilen. Ebenso sind bereits bekannte Einwendungen des Gegners mitzuteilen – etwa eine erhobene Verjährungseinrede.

So kann es z.B. zur Informationspflicht des Versicherungsnehmers gehören, bei der Verfolgung von Schadenersatzansprüchen auf unbeseitigte Vorschäden am Unfallfahrzeug hinzuweisen. Erteilt eine Rechtsschutzversicherung im Hinblick auf die unzureichenden und unrichtigen Informationen Rechtsschutzdeckung, so wird sie wegen Verletzung der Informationspflicht leistungsfrei.[49]

 

Rz. 85

Ebenso ist Leistungsfreiheit der Rechtsschutzversicherung gegeben bei vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsverpflichtung, z.B. wenn der Versicherungsnehmer nach einem behaupteten Fahrzeugdiebstahl seine Aufklärungsobliegenheit gegenüber dem Kfz-Versicherer vorsätzlich verletzt hat.[50] Die Informationspflicht kann so weit gehen, dass der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, unverzüglich seinen Rechtsschutzversicherer über das Bekanntwerden tatsächlicher Umstände zu informieren, so z.B. wenn der Versicherungsnehmer von einer Kontamination seines Betriebsgeländes erfährt und hierzu einen amtlichen Bescheid erhält.[51]

 

Rz. 86

Die Obliegenheit zur Information der Rechtsschutzversicherung beinhaltet, dass der Versicherungsnehmer dem Versicherer grundsätzlich eine umfassende Information schuldet. Er darf sich nicht auf "das seiner Ansicht nach Notwendige beschränken".[52] Diese Informationsobliegenheit richtet sich danach, welche Anforderungen an die Darlegungs- und Substanziierungslast in dem vom Versicherungsnehmer zu führenden Haftpflichtprozess zu stellen sind. Für den Arzthaftungsprozess gilt jedoch, dass an die Substantiierungspflicht der Partei nur maßvolle Anforderungen gestellt werden dürfen.[53]

 

Rz. 87

Im Übrigen darf der Versicherer alle Auskünfte verlangen, die für die Beurteilung der Eintrittspflicht hinsichtlich Grund und Umfang von Bedeutung sein können.[54]

Die Informationsobliegenheit des Versicherungsnehmers beinhaltet auch die Berechtigung der Rechtsschutzversicherung, eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen, die auch Einwendungen des Gegners einbeziehen kann. Sie darf jedoch keine vorweggenommene Beweisaufnahme verlangen, soweit der Versicherungsnehmer zulässige Beweismittel für seinen Sachvortrag anbietet. Die Informationsobliegenheit richtet sich jedoch danach, welche Anforderungen an seine Darlegungs- und Substantiierungslast zu stellen sind. Im Arzthaftungsprozess z.B. sind diese Anforderungen jedoch nur maßvoll, weil vom Patienten keine genauen Kenntnisse der Materie erwartet werden dürfen.[55]

 

Rz. 88

Irreführend ist die Darstellung von Plote,[56] die Auskunftspflichten seien vom Versicherungsnehmer nicht nur gegenüber dem Rechtsschutzversicherer, sondern auch gegenüber dem beauftragten Anwalt zu erfüllen. Dieser Hinweis berücksichtigt nicht die verschiedenen Rechtsbeziehungen. Hier sind nämlich einmal das Mandatsverhältnis zwischen Anwalt und Mandant bzw. Versicherungsnehmer zu sehen und zum anderen das Rechtsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Rechtsschutzversicherer und ggf. die Stellung des Anwaltes als Repräsentant.

 

Rz. 89

Auch Terbille/Bultmann[57] berücksichtigt diese gebotene Differenzierung nicht. Entweder trifft die Verletzung der Informationsobliegenheit den Versicherungsnehmer unmittelbar oder mittelbar, wenn bei der Abwicklung des Rechtsschutzfalles ein Anwalt die Stellung eines Repräsentanten hat.

 

Rz. 90

Die Informationspflicht des Versicherungsnehmers gegenüber dem Anwalt ergibt sich aus § 17 Abs. 5 lit. a ARB 2010. Diese Informationspflicht beinhaltet, dass der Versicherungsnehmer den mit der Wahrnehmung sein...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?