I. Typischer Sachverhalt
Rz. 31
Das öffentliche Baurecht ist eines der wenigen Verwaltungsrechtsgebiete, in dem vertragliche Vereinbarungen nach §§ 54 ff. VwVfG zur täglichen Praxis gehören und wo sie zumindest teilweise zusätzlich einer gesetzlichen Kodifikation zugeführt wurden. Dies ist zum einen der städtebauliche Vertrag nach § 11 BauGB, in dem sich der Vorhabenträger für den Fall, dass seine Grundstücke planungsrechtlich aufgewertet werden, zu bestimmten Leistungen gegenüber der planenden Gemeinde verpflichtet. Der Durchführungsvertrag zu einem Vorhaben- und Erschließungsplan gem. § 12 BauGB hat insoweit grds. den gleichen Regelungsgegenstand, jedoch mit der Besonderheit, dass der Vorhabenträger bzgl. seines Vorhabens eine befristete Herstellungsverpflichtung eingeht und das Baurecht grds. konkret vorhabensabhängig ist. Zum anderen verpflichten sich aber auch Private, die grds. in der Last der Gemeinde liegende Erschließung durchzuführen und dadurch die Bebaubarkeit ihrer Grundstücke im Vertragsgebiet mit Blick auf das Erschließungserfordernis gem. §§ 30 Abs. 1, 34 Abs. 1 S. 1, 33 Abs. 1 Nr. 4 BauGB sicherzustellen. Auch sog. Stellplatzablösevereinbarungen sind schon seit langem tägliche Praxis der Gemeinden. Darin wird dem Bauherrn die Errichtung von nach Bauordnungsrecht notwendigen Stellplätzen gegen Zahlung von Ablöse erlassen.
II. Rechtliche Grundlagen
1. Allgemein
Rz. 32
Neben den spezialgesetzlichen Grundlagen für Verträge im öffentlichen Baurecht, z.B. §§ 11, 12, 124 BauGB, richtet sich deren Zulässigkeit nach §§ 54 ff. LVwVfG. Bestehen insoweit keine Vorschriften, sind gem. § 62 LVwVfG die Vorschriften des BGB entsprechend anwendbar. Dies gilt vor allem für Leistungsstörungen. Insoweit sind die im Zivilrecht entwickelten und durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nunmehr zumeist auch kodifizierten Grundsätze der cic (§ 311 Abs. 2 BGB) und pVV (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB) entsprechend heranzuziehen.
2. Städtebauliche Verträge
Rz. 33
Städtebauliche Verträge dienen der Erfüllung städtebaulicher Aufgaben; sie ergänzen das hoheitliche Instrumentarium des Städtebaurechts. Ein Vertrag der Gemeinde wird nur dann zum "städtebaulichen", wenn sie mit ihrem Vertragspartner die Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen regelt oder hierüber andere Vereinbarungen trifft. Einen numerus clausus der Vereinbarungsgegenstände gibt es nicht. § 11 Abs. 1 BauGB hat insoweit nur die wichtigsten Gegenstände gesetzlich normiert. Danach können Vertragsgegenstand eines städtebaulichen Vertrags sein:
a) Vorbereitungs- und Durchführungsverträge
Rz. 34
Verträge zur Vorbereitung oder Durchführung städtebaulicher Maßnahmen durch den Vertragspartner auf eigene Kosten (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). Hiervon erfasst sind Regelungen über Altlastensanierungen, Anfertigung der Pläne, Gutachten, Herstellung von Infrastrukturmaßnahmen etc.
b) Förderungs- und Sicherungsverträge
Rz. 35
Verträge dienen der Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele, insbesondere Grundstücksnutzung, Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen sowie des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung. Eine häufige Regelung war hier in der Vergangenheit die Vereinbarung einer Bauverpflichtung innerhalb bestimmter Fristen. Städtebaurechtlich ist dies auch grds. zulässig. Allerdings ist insoweit genau zu prüfen, ob die Bauverpflichtung als Bauauftrag i.S.v. §§ 97 ff. GWB zu werten und damit bei Überschreiten des Schwellenwerts europaweit auszuschreiben ist. Möglich ist auch, die im Rahmen der vorgesehenen bauleitplanerischen Festsetzungen möglichen Nutzungen nochmals im Einzelnen zu beschränken und zu untergliedern; dies hat den Vorteil, dass flexiblere Lösungen getroffen werden können, als sie durch Gliederungsmaßnahmen nach § 1 Abs. 5 ff. BauNVO möglich sind. Hierzu gehören auch Verpflichtungen, Wohnungen im Standard und mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus zu errichten sowie der Gemeinde oder einer kommunalen Gesellschaft Wohnungsbelegungsrechte einzuräumen, eine bestimmte Miethöhe nicht zu überschreiten oder bei der Errichtung von Eigentumswohnungen oder Eigenheimen für einen begrenzten Zeitraum bestimmte Verfügungsbeschränkungen zu beachten.
Rz. 36
Ein weiterer Regelungsbereich sind die naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen i.S.d. § 1a Abs. 3 BauGB. Möglich ist insoweit, einen ggf. notwendigen Ausgleich nicht durch Bebauungsplanfestsetzungen regeln zu müssen, sondern vielmehr auch hier flexible Vereinbarungen treffen zu können. Insbesondere ist nach Einführung des § 1a Abs. 3 BauGB zum 1.1.1998 ein räumlicher, funktionaler und zeitlicher Zusammenhang zum Bauvorhaben nicht mehr erforderlich. Danach können die Ausgleichsmaßnahmen an weit entfernten Orten und in zeitlicher Hinsicht vor Erlass des Bebauungsplans im Sinne eines Ökoko...