A. Allgemeines
Rz. 1
Bei Verletzung einer Person sind die Kosten der Heilbehandlung und der während der Behandlung entstehende Verdienstausfall zu ersetzen (§ 11 StVG). Seit dem 1.8.2002 besteht ein Schmerzensgeldanspruch auch dann, wenn lediglich eine Haftung aus dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr besteht. Der Verschuldensnachweis ist nicht mehr erforderlich.
B. Behandlungspflicht
Rz. 2
Der Verletzte muss im Rahmen des Zumutbaren sich in ärztliche Behandlung begeben und auch die ärztlichen Verordnungen befolgen.
Demgegenüber besteht keine Duldungspflicht bei einer risikoreichen Operation oder zweifelhafter Erfolgsaussicht.
C. Erwerbsobliegenheit
Rz. 3
Der Geschädigte ist im Rahmen der Zumutbarkeit verpflichtet, die ihm verbliebene Arbeitskraft zur Abwendung oder Minderung des Erwerbschadens zu verwenden.
Rz. 4
Der Verletzte muss alles Zumutbare unternehmen, um einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Die Meldung beim Arbeitsamt reicht nicht aus.
Rz. 5
In besonderen Fällen ist einem Verletzten auch ein Berufswechsel und ein Umzug zuzumuten.
Rz. 6
Wenn eine zumutbare Tätigkeit unterlassen wird, sind die erzielbaren (fiktiven) Einkünfte auf den Schaden anzurechnen.
Rz. 7
Es widerspricht dem Normzweck von § 823 BGB, wenn der Schädiger für Schadenfolgen eintreten muss, die zwar adäquat kausal auf dem Unfallgeschehen beruhen, bei denen aber ein neurotisches Streben nach Versorgung und Sicherheit prägend im Vordergrund steht ("Begehrensneurose").
Rz. 8
Psychische Folgeschäden sind nicht zu ersetzen, wenn der Geschädigte entgegen dem ärztlichen Rat eine Erfolg versprechende Psychotherapie nicht fortsetzt.
Rz. 9
Eine stationäre psychotherapeutische Behandlung ist zumutbar.
D. Heilungskosten
Rz. 10
Die notwendigen Heilungskosten sind zu ersetzen, hierzu gehören auch Kuraufenthalte, verordnete Stärkungsmittel oder aufwendige Kosten für notwendige Narbenkorrekturen.
Erforderlich sind die Heilmaßnahmen, die bei der gegebenen Situation objektiv zweckmäßig erscheinen; ein tatsächlicher Heilerfolg ist nicht erforderlich.
Rz. 11
Selbst die Kosten für ein Fernsehgerät im Krankenhaus können als Heilungskosten, wenn hierdurch der Heilungsprozess gefördert wird, ersatzfähig sein.
Rz. 12
Die Behandlungskosten müssen sich im Rahmen des Angemessenen halten; der Verletzte muss sich an dem Leistungsstandard orientieren, den er üblicherweise in Anspruch nimmt.
Rz. 13
Wer als Kassenpatient verletzt worden ist, muss die Heilbehandlung auch im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung durchführen lassen.
Rz. 14
Nur in Ausnahmefällen kann ein Kassenpatient Kosten von Heilbehandlungsmaßnahmen verlangen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommen werden; so können ausnahmsweise die Kosten einer Akupunktur als ersatzfähig angesehen werden oder Zahnersatz oder die Kosten eines Zahnimplantats.
Rz. 15
Kosten für Besuche naher Angehöriger bei stationärem Krankenhausaufenthalt sind nur dann den zu ersetzenden Heilungskosten zuzuordnen, wenn die Besuche medizinisch notwendig und die Aufwendungen unvermeidbar sind. Verdienstausfall oder der Ausfall im Haushalt des Verletzten ist nur dann zu ersetzen, wenn der Ausfall nicht durch Vor- oder Nacharbeit aufgefangen werden kann.
Rz. 16
Der Anspruch auf Ersatz von Besuchskosten besteht nur in Ausnahmefällen und ist restriktiv zu bewerten. Diese Aufwendungen sind grundsätzlich als Vermögensschaden zu bewerten, der außerhalb der §§ 844, 845 BGB grundsätzlich nicht zu ersetzen ist. Diese Kosten sind daher nur dann zu erstatten, wenn sie als Heilbehandlungskosten dem Verletzten zuzurechnen sind.
Rz. 17
Bei kleineren Kindern gehören die regelmäßigen Besuche der Eltern zu den erstattungspflichtigen Heilungskosten. Besuche bei Erwachsenen gehören grundsätzlich nicht zu den erstattungspflichtigen Heilungskosten.
Rz. 18
Ersetzt werden bei den Fahrtkosten die Betriebskosten, die im Regelfall mit 0,25 EUR/km angesetzt werden.
Rz. 19
Ersparte Aufwendungen – beispielsweise Verpflegungskosten während einer stationären Behandlung – sind mit 5–10 EUR pro Tag in Abzug zu bringen.