Dr. iur. Holger Bremenkamp, Dr. Fernanda Bremenkamp
Rz. 20
Ein Fabrikationsfehler liegt vor, wenn die Konstruktion des Produkts (Bauplan) zwar die erforderliche Sicherheit bietet, es jedoch bei der Herstellung zu einer planwidrigen Abweichung von der angestrebten Sollbeschaffenheit kommt. Der Hersteller muss den Herstellungsprozess grundsätzlich so gestalten, dass für das einzelne Produkt Fehlerfreiheit gewährleistet ist. Auch insoweit sind aber die berechtigten Sicherheitserwartungen des durchschnittlichen verständigen Benutzers maßgeblich: Absolute Sicherheit kann nicht erwartet werden, sondern auch in der Fertigungsphase kann nur die Einhaltung der Verkehrspflichten verlangt werden. Das technisch Mögliche wird nur im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geschuldet.
Rz. 21
Der Fertigungsablauf ist technisch und personell so zu optimieren und zu überwachen, dass Fehlerquellen nach menschlichem Ermessen ausgeschaltet sind, soweit das nach dem Stand der Wissenschaft und Technik möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Es besteht aber keine allgemeine Pflicht, Fehler bereits während der Fertigung so weit als möglich auszuschließen, wenn Defizite des Fertigungsverfahrens durch Qualitätskontrollen ausgeglichen werden können. Neben einem produktgerechten Arbeits- und Herstellungsverfahren, das auch eine Wareneingangskontrolle bei Fremdbezug von Rohstoffen und Halbfertigteilen umfasst, bedarf es des Einsatzes hinreichend qualifizierter Mitarbeiter und deren Überwachung. Die Fabrikationsverantwortung erstreckt sich auch auf die Verpackung des Produkts, insbesondere bei Verwendung von Mehrwegverpackungen.
Rz. 22
Neben die Anforderungen an den Herstellungsprozess als solchen tritt die Pflicht, die Produkte auf Fehler zu überprüfen. Unter anderem nach dem Zeitpunkt der Erkennbarkeit von Fehlproduktionen richtet sich, ob eine fertigungsbegleitende Kontrolle erforderlich ist oder eine Kontrolle des fertigen Produkts genügt (Warenausgangskontrolle). Welche Anforderungen an die Produktprüfung zu stellen sind, hängt auch von der Fehlersicherheit des Fertigungsprozesses ab: Je wahrscheinlicher Fehler bei der Fertigung sind, desto strengere Anforderungen sind an die Qualitätskontrolle zu stellen. Die Anforderungen an die Produktprüfung sind besonders hoch, wenn durch einen Fabrikationsfehler Leben und Gesundheit der Produktbenutzer gefährdet werden können. Dann kann eine Prüfung jedes einzelnen Produktes erforderlich sein, während bei geringem Schädigungspotenzial ordnungsgemäße Stichproben für eine sachgerechte Qualitätssicherung genügen.
Rz. 23
Trotz eines optimierten Herstellungsprozesses und ausreichender Produktprüfung lassen sich "Ausreißer" nicht ausschließen, für die mangels Verschuldens nicht gehaftet wird. Dass es sich tatsächlich um einen Ausreißer gehandelt hat, muss der Hersteller beweisen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist der Nachweis, dass dem Stand der Technik entsprechende Prüf- und Kontrollmechanismen implementiert und angewandt wurden.