Dr. iur. Holger Bremenkamp, Dr. Fernanda Bremenkamp
Rz. 59
Die vorstehenden Beweislastgrundsätze für die deliktische Produzentenhaftung gelten nicht nur bei Konstruktions- und Fabrikationsfehlern, sondern auch bei Instruktionsfehlern, die bereits zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens vorlagen, also bei anfänglichen Instruktionsfehlern. Insbesondere spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Adressat die Warnung bei hinreichend deutlichem und plausiblem Hinweis auf bestehende Gefahren beachtet (hätte).
Rz. 60
Anders verhält es sich bei der Verletzung von Instruktionspflichten – Warn- oder Rückrufpflichten –, die sich aus nachträglichen Erkenntnissen ergeben: Bei solchen nachträglichen Instruktionsfehlern ist die Beweislastumkehr auf das Verschulden beschränkt; die Beweislast für die objektive Verletzung der Produktbeobachtungspflicht bleibt dagegen bei dem Geschädigten. Das ist auch gerechtfertigt, weil es sich insoweit nicht oder jedenfalls nicht primär um Interna des Herstellers handelt, sondern um externe Umstände, zu denen der Geschädigte ebenfalls Zugang hat. Der Geschädigte hat demnach darzutun und nachzuweisen, dass der Hersteller nach Inverkehrbringen seines Produkts durch allgemein zugängliche Veröffentlichungen und durch Erfahrungen, die dessen Benutzer mit dem Produkt inzwischen gemacht haben und die er kennen musste, Anlass zu Warnungen hatte. Dem Geschädigten/Nutzer obliegt auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass durch eine hinreichende Warnung der Schaden vermieden worden wäre; im Einzelfall kann aber auch bei nachträglichen Instruktionsfehlern eine tatsächliche Vermutung für aufklärungsgerechtes Verhalten sprechen.