Björn Retzlaff, Alexander Madorski
1. Parteifähigkeit und Klagebefugnis der Gemeinschaft
Rz. 11
Als rechtsfähige Gemeinschaft ist die Wohnungseigentümergemeinschaft hinsichtlich der Mängelansprüche der einzelnen Erwerber parteifähig. Regelmäßig wird sie von ihrem Verwalter vertreten. Als Partei ist die Gemeinschaft entweder als Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder als Wohnungseigentümergemeinschaft, jeweils gefolgt von der bestimmten Angabe des Grundstücks, zu bezeichnen (§ 9a Abs. 1 S. 3 WEG). Als "bestimmte Angabe des Grundstücks" wird üblicherweise die Adresse mit Straße, Hausnummer und Ort zu benennen sein. Für die sog. "geborenen" Ansprüche, also die Geltendmachung des kleinen Schadensersatzes oder der Minderung wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum, besitzt die Wohnungseigentümergemeinschaft eine gesetzliche Prozessführungsbefugnis aus § 9a Abs. 2 Fall 2 WEG, sodass weiteres Vorbringen hierzu nicht erforderlich ist. Werden sog. "gekorene" Ansprüche geltend gemacht (Erfüllung, Nacherfüllung, Aufwendungsersatz oder Kostenvorschuss), muss in der Klagebegründung ausgeführt werden, dass und warum die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst klagebefugt ist. Dazu muss der Beschluss mitgeteilt werden, mit welchem die Gemeinschaft die Geltendmachung der jeweiligen Ansprüche an sich gezogen hat.
Nach der neuen Regelung des § 9b Abs. 1 S. 1 WEG vertritt der Verwalter die Wohnungseigentümergemeinschaft wirksam nach außen, ohne dass es dafür eines gesonderten Beschlusses bedürfte. Von der Vertretungsmacht nach außen ist die im Innenverhältnis bestehende Geschäftsführungsbefugnis (das rechtliche Dürfen) des Verwalters zu unterscheiden. Hier ist sein Tätigwerden für die Wohnungseigentümergemeinschaft nur beim Bestehen eines entsprechenden Beschlusses berechtigt.
Die Einzelheiten zur wirksamen Beschlussfassung ergeben sich aus dem Wohnungseigentumsgesetz.
2. Besonderheiten der Prozessführung
Rz. 12
Verklagt die Wohnungseigentümergemeinschaft den Bauträger aufgrund eines Vergemeinschaftungsbeschlusses oder kraft ihrer "geborenen" Ausübungsbefugnis, kann dieser die ihm gegen die einzelnen Erwerber zustehenden Zahlungsansprüche der Klageforderung weder als Zurückbehaltungsrecht noch im Wege der Aufrechnung entgegenhalten.
Die Eigentümer können im Prozess der Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich als Zeugen gehört werden.
Der Wohnungseigentümergemeinschaft kann nach § 116 ZPO Prozesskostenhilfe gewährt werden, wenn weder die Gemeinschaft noch die Eigentümer die voraussichtlichen Kosten der Prozessführung aufbringen können.
3. Passivprozess der Gemeinschaft
Rz. 13
Die Prozessführungsbefugnis der Gemeinschaft in Bezug auf die Mängelrechte der Erwerber beschränkt sich auf die Geltendmachung gemeinschaftsbezogener Ansprüche. Für Vergütungsklagen des Bauträgers ist die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht passiv legitimiert oder prozessführungsbefugt. Dementsprechend kann der Bauträger die Gemeinschaft nicht auf Vergütung verklagen. Fraglich ist, ob er Drittwiderklage gegen einzelne Erwerber erheben kann.
4. Die Gemeinschaft im selbstständigen Beweisverfahren
Rz. 14
Die Gemeinschaft kann durch Beschluss die Befugnis, Mängel im selbstständigen Beweisverfahren klären zu lassen, an sich ziehen. Leitet der einzelne Erwerber ein Beweisverfahren ein, um das Vorhandensein von Mängeln klären zu lassen, ist dies zulässig. Seine Befugnis ergibt sich aus dem Erwerbsvertrag. Die Verfahrenseinleitung hemmt die Verjährung auch für die gemeinschaftsbezogenen Ansprüche. Das in dem selbstständigen Beweisverfahren eingeholte Gutachten ist für die Wohnungseigentümergemeinschaft, die im Klagewege gemeinschaftsbezogene Ansprüche geltend macht, verwertbar.