Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
a) Auflösungsgründe
aa) Auflösung durch Beschluss der Mitglieder
(1) Auflösung durch notwendigen Beschluss der Mitglieder
Rz. 1507
Die Vereinigung muss durch Beschluss ihrer Mitglieder aufgelöst werden. Dieser Beschluss muss die Feststellung enthalten, dass die im Gründungsvertrag bestimmte Dauer abgelaufen (Fristablauf) oder ein anderer in diesem Vertrag vorgesehener Auflösungsgrund (Ereignis) eingetreten ist. In der Anmeldung der Auflösung zur Eintragung in das Handelsregister kann ein solcher Beschluss zu sehen sein, wenn es sich bei dem Antragsteller um das letzte verbliebene Mitglied der EWIV handelt. Die Vereinigung muss ferner durch Beschluss ihrer Mitglieder aufgelöst werden, der feststellt, dass der Unternehmensgegenstand der Vereinigung verwirklicht worden ist oder nicht weiter verfolgt werden kann (Zweckerreichung).
Hinweis
Ist binnen 3 Monaten nach Eintritt eines dieser Fälle kein Beschluss der Mitglieder über die Auflösung der Vereinigung ergangen, so kann jedes Mitglied bei Gericht beantragen, diese Auflösung auszusprechen (Art. 31 Abs. 2 EWIV-VO).
Rz. 1508
Die Vereinigung muss ferner durch Beschluss ihrer Mitglieder oder des verbleibenden Mitgliedes aufgelöst werden, wenn die Anforderungen an die Zusammensetzung der Mitglieder und die obligatorische Mehrstaatlichkeit (Art. 4 Abs. 2 EWIV-VO) nicht mehr erfüllt sind (Art. 31 Abs. 3 EWIV-VO). Scheidet also etwa das vorletzte Mitglied aus der Vereinigung aus, so hat das letzte Mitglied durch Beschluss die Vereinigung aufzulösen. Die Vereinigung besteht dann als Ein-Personen-Vereinigung zum Zwecke der Abwicklung bis zu deren Schluss fort (Art. 35 Abs. 3 EWIV-VO). Entsprechendes gilt, wenn die letzten beiden verbliebenen Mitglieder der Vereinigung demselben Recht unterliegen.
(2) Auflösung durch freiwilligen Beschluss der Mitglieder
Rz. 1509
Die Vereinigung kann durch Beschluss ihrer Mitglieder aufgelöst werden, der diese Auflösung ausspricht. Dieser Beschluss muss einstimmig gefasst werden, es sei denn, dass der Gründungsvertrag etwas anderes bestimmt (Art. 31 Abs. 1 EWIV-VO).
bb) Auflösung durch gerichtliche Entscheidung
(1) Zwangsweise Auflösung durch gerichtliche Entscheidung
Rz. 1510
Wenn ein zwingender Auflösungsgrund vorliegt, nach dem die Vereinigung durch Beschluss ihrer Mitglieder aufgelöst werden muss, die Mitglieder den Auflösungsbeschluss jedoch nicht fassen, muss das Gericht auf Antrag eines Mitgliedes die Auflösung der Vereinigung aussprechen (Art. 31 Abs. 2 EWIV-VO).
Rz. 1511
Auf Antrag jedes Beteiligten oder einer zuständigen Behörde muss das Gericht ferner im Fall der Verletzung der Bestimmungen der Verordnung über Tätigkeit und Zweck der Vereinigung, über den Sitz der Vereinigung oder über die Zusammensetzung der Mitglieder der Vereinigung sowie die obligatorische Mehrstaatlichkeit die Auflösung der Vereinigung aussprechen, es sei denn, dass die Mängel der Vereinigung behoben werden können und vor der Entscheidung in der Sache behoben werden (Art. 32 Abs. 1 EWIV-VO).
Als antragsberechtigte Beteiligte dürften angesichts der zur Auflösbarkeit der EWIV führenden Verstöße die folgenden Personen gelten:
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Mitglieder und Geschäftsführer der EWIV, |
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Arbeitnehmer und ggf. Arbeitnehmervertreter der EWIV, |
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von der EWIV beherrschte Unternehmen, |
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Darlehensgeber der EWIV und |
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Mitglieder einer anderen EWIV. |
Antragsberechtigte Behörden sind bspw.
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das Justizministerium in den Niederlanden und |
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die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland. |
Hinweis
Die nach Art. 32 Abs. 1 EWIV-VO auflösbare EWIV muss ihren Sitz nicht im Staat der antragsberechtigten Behörde haben. Die EWIV-VO regelt nicht die Zuständigkeit des Gerichts für die Entscheidung über die Auflösung der EWIV, sodass das zuständige Gericht anhand nationaler Rechtsvorschriften ermittelt werden muss. Nach den allgemeinen Grundsätzen des deutschen Zivilprozessrechts wäre das Gericht am Sitz der EWIV zuständig.
(2) Freiwillige Auflösung durch gerichtliche Entscheidung
Rz. 1512
Auf Antrag eines Mitgliedes kann das Gericht die Auflösung der Vereinigung aus wichtigem Grund aussprechen (Art. 32 Abs. 2 EWIV-VO). Auch nach deutschem Recht können nur die Gesellschafter die Auflösungsklage erheben (§ 139 Abs. 1 HGB). Nach deutschem Recht läge ein solcher wichtiger Grund insb. dann vor, wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzen oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich würde (§ 139 Abs. 2 HGB). Die Auflösung der EWIV liegt letztlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. In diesem Zusammenhang ist wie immer zu beachten, dass der Bestand von einmal existierenden EWIV möglichst geschützt werden soll (Bestandsschutz). Die letzte Instanz für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "wichtigen Grundes" ist der EuGH.
Rz. 1513
Ein Mitgliedstaat kann vorsehen, dass das Gericht auf Antrag einer zuständigen Behörde die Auflösung einer Vereinigung, die ihren Sitz in dem Staat dieser Behörde hat, in den Fällen aussprechen kann, in denen die Vereinigung durch ihre Tätigkeit gegen das öffentliche Interesse dieses Staates ve...