Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
a) Kombinierter Ein- und Austritt
Rz. 345
Ein Gesellschafterwechsel kann zunächst dadurch herbeigeführt werden, dass in einem Zug ein Gesellschafter aus- und ein anderer Gesellschafter in die Gesellschaft eintritt. Dies kann sowohl in zwei verschiedenen Verträgen als auch in einem einzigen Vertrag geschehen. In diesem Fall entstehen Rechtsbeziehungen grds. nur zwischen dem eintretenden und den übrigen Gesellschaftern sowie den austretenden und den bisherigen Mitgesellschaftern, nicht jedoch direkt zwischen ein- und ausscheidendem Gesellschafter. Es mögen in diesem Fall das Abfindungsentgelt des ausscheidenden Gesellschafters und die Beitragsleistung des neu eintretenden der Höhe nach identisch sein, sodass das Gesellschaftsvermögen wirtschaftlich betrachtet keine Veränderung erfährt. Gleichwohl handelt es sich um zwei Vorgänge mit unterschiedlichen Beteiligten.
b) Übertragbarkeit der Beteiligung
Rz. 346
Bereits sei der Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahr 1944 ist praktisch einhellig anerkannt, dass neben der Möglichkeit des kombinierten Ein- und Austritts auch eine direkte Übertragung des Gesellschaftsanteils von einem Alt- auf einen Neugesellschafter möglich ist. Das Mitgliedschaftsrecht des Gesellschafters ist als Rechtsposition im Wege der Zession gem. § 413 BGB übertragbar. Dies ändert allerdings nichts an dem Charakter der GbR als Personengesellschaft, sodass auch die Übertragung des Gesellschaftsanteils Vertragsänderung ist, die grds. der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf. Diese sind zwar nicht Beteiligte des Übertragungsvertrages, an der Änderung des Gesellschaftsvertrages sind sie allerdings gleichwohl beteiligt. Das MoPeG (s. unter Rdn 25 ff.) hat diese Entwicklung nachvollzogen. So sieht § 711 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. ausdrücklich die Übertragbarkeit des Gesellschaftsanteils vor. Hierzu bedarf es grds. der Zustimmung der Mitgesellschafter. Die Zustimmung (§ 182 BGB) kann entweder bereits im Gesellschaftsvertrag enthalten sein oder erst anlässlich einer Anteilsübertragung vorab als Einwilligung (§ 183 BGB) oder nachträglich als Genehmigung (§ 184 BGB) erteilt werden. Die Gesellschaft kann eigene Anteile nicht erwerben; dies stellt § 711 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. im Einklang mit der bislang h.M. klar. Bei eingetragenen GbRs sind Eintritt und Ausscheiden der Gesellschafter jew. – ggf. unter Nutzung von Registervollmachten – von allen Gesellschaftern zum Gesellschaftsregister anzumelden (§ 707 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 BGB n.F.).
Rz. 347
Aus dem Charakter als Personengesellschaft dogmatisch schwerer begründbar, gleichwohl mittlerweile absolut herrschend anerkannt ist auch die Möglichkeit, alle Gesellschafter einer Personengesellschaft durch Übertragung des Gesellschaftsanteils auf neue Gesellschafter auszutauschen. Ebenso ist die Übertragung der Gesellschaftsanteile auf nur einen verbleibenden Gesellschafter möglich, was dann allerdings zu einer liquidationslosen Beendigung der Gesellschaft und einer Gesamtrechtsnachfolge des Einzelgesellschafters in alle Vermögenspositionen des Gesellschaftsvermögens führt. Letzterer Fall ist nunmehr in § 712a BGB n.F. ausdrücklich gesetzlich normiert.
c) Übertragungsvertrag
Rz. 348
Der Vertrag über die Übertragung des Gesellschaftsanteils ist als abstraktes Verfügungsgeschäft grds. von dem zugrundeliegenden Kausalverhältnis (Kaufvertrag, Schenkung etc.) unabhängig. Beide Geschäfte sind formfrei. Dies gilt grds. selbst dann, wenn zum Gesellschaftsvermögen Vermögensgegenstände wie Grundstücke oder GmbH-Anteile gehören, deren unmittelbare Veräußerung formbedürftig wäre. Gem. § 711 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. bedarf es zur Durchführung der Verfügung der Zustimmung der Mitgesellschafter. Der Vertrag ist bis zur Erteilung der notwendigen Zustimmungserklärungen schwebend unwirksam.
Rz. 349
Den Gesellschaftern steht es grds. frei, im Gesellschaftsvertrag Abweichungen vom generellen Zustimmungserfordernis des § 711 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. vorzusehen und damit die Übertragbarkeit des Gesellschaftsanteils zu erleichtern. Entsprechende Regelungen können bereits in den Ursprungsgesellschaftsvertrag aufgenommen oder durch spätere Vertragsänderung getroffen werden. Mehrheitsbeschlüsse bedürfen dabei zu ihrer formellen Legitimation einer Mehrheitsklausel im Gesellschaftsvertrag und werden in materieller Hinsicht im Einzelfall an der Kernbereichslehre und der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gemessen.
Rz. 350
Die ...