Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
a) Überblick
Rz. 411
Die gesetzlichen Rechtsfolgen des Ausscheidens eines Gesellschafters sind in den §§ 728–728b BGB n.F. (vormals: §§ 738–740 BGB a.F.) geregelt. Diese Regelungen sind teilweise einer gesellschaftsvertraglichen Regelung zugänglich.
b) Beteiligte des Anspruchsverhältnisses
Rz. 412
Schuldner der Ansprüche des Ausscheidenden ist nach § 728 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. die Gesellschaft. Dies entsprach nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR durch den BGH der h.M. und wurde durch das MoPeG ausdrücklich bestätigt. Die Gesellschafter haften danach akzessorisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, auch soweit sie aus dem Ausscheidensverhältnis begründet sind. Das Mehrbelastungsverbot des § 710 Satz 1 BGB n.F. (vormals: § 707 BGB F.) kann einem ausgeschiedenen Gesellschafter nicht mehr entgegengehalten werden. Vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen muss er sich allerdings entgegenhalten lassen.
c) Rückgabe von Gegenständen
Rz. 413
Hat der Gesellschafter der Gesellschaft Gegenstände zur Nutzung überlassen, stand ihm nach der vor dem 1.1.2024 geltenden Vorschrift des § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. explizit ein Anspruch auf deren Rückgabe mit dem Ausscheiden zu. Dies galt nur dann nicht, wenn diese von der Gesellschaft dringend benötigt wurden; in diesem Fall stand ihm für die vorübergehende Nutzung ein Entgelt zu. Die Neuregelung des § 728 Abs. 1 BGB n.F. sieht einen entsprechenden Rückgabeanspruch nicht mehr vor. Jedoch geht nach der Regierungsbegründung damit keine Änderung der Rechtslage einher. Vielmehr verstehe sich ein solcher Rückgabeanspruch nach der zugrundeliegenden Vereinbarung von selbst. Das gelte gleichermaßen für die gesetzliche Klarstellung des § 732 Satz 2 BGB a.F, dass mangels Verschuldens bei Untergang oder Verschlechterung des überlassenen Gegenstands ein Schadensersatzanspruch ausscheidet.
d) Haftungsfreistellung
Rz. 414
Die Gesellschaft hat den Ausgeschiedenen nach § 728 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. (vormals: § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.) von der Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten und im Zweifel auch für solche, für die er Sicherheit geleistet hat, zu befreien. Da dies grds. nur durch die Erreichung einer Schuldhaftentlassung durch die Gläubiger bzw. Tilgung der Verbindlichkeiten möglich ist, empfiehlt es sich für die Praxis auch weiterhin, gesellschaftsvertraglich zu vereinbaren, dass diese Verpflichtung durch eine Freistellungsverpflichtung im Fall der Inanspruchnahme ersetzt wird. Die Haftungsfreistellungsverpflichtung berührt nicht die Haftung des Gesellschafters im Außenverhältnis. Sie kann von der Gesellschaft so lange verweigert werden, wie der einen Ausgleich nach § 728a BGB n.F. (vormals: § 739BGB a.F. schuldende Gesellschafter diesen nicht erbracht hat. Anstelle der Schuldbefreiung kann die Gesellschaft für noch nicht fällige Ansprüche Sicherheit leisten, § 728 Abs. 1 Satz 3 BGB n.F. (vormals: § 738 Abs. 1 Satz 3 BGB a.F.).
e) Abfindung
Rz. 415
Nach § 728 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. (vormals: § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.) steht dem ausgeschiedenen Gesellschafter ein Anspruch auf Zahlung einer dem Wert seines Anteils angemessene Abfindung zu.
aa) Gesetzliche Regelung
Rz. 416
Das Gesetz spricht dem ausgeschiedenen Gesellschafter eine dem Wert seines Anteils angemessene Abfindung zu. Nach der Regierungsbegründung bedarf es stets einer Ermittlung des "wahren Wertes" des Gesellschaftsanteils, der sich im Regelfall indirekt aus dem Unternehmenswert ableitet. Für die Bewertung ist daher gerade nicht von dem Zerschlagungswert des Unternehmens, sondern von demjenigen des lebenden Unternehmens (Fortführungswert) auszugehen. Von der Vorgabe bestimmter Bewertungsmethoden hat der Gesetzgeber des MoPeG – insoweit abweichend von der in § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. angelegten Substanzwertmethode – angesichts der Vielfalt an geeigneten Bewertungsmethoden abgesehen (Prinzip der Methodenoffenheit). Tatsächlich gibt es eine verallgemeinerungsfähige Regel, wonach immer von dem Ertragswert oder dem Substanzwert auszugehen ist, nicht. Der BGH hat die Ermittlung des Wertes eines Gesellschaftsanteils ausdrücklich der tatrichterlichen Feststellung überlassen, was angesichts der Vielzahl möglicher BGB-Gesellschaften ein zutreffendes Verdikt ist. So mag eine rein grundstücksverwaltende Gesellschaft zutreffend nur mit dem Substanzwert der von ihr gehaltenen Grundstücke bewertet werden, eine unternehmenstragende Gesellschaft dagegen mit dem Ertragswert und eine freiberufliche Praxis nach noch ganz anderen Maßstäben. Welches Verfahren auf eine Gesellschaft angewendet werden kann, ist nach den tatsächlichen Verhältnissen der Gesellschaft zu entscheide...