Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 550
Das Ausscheiden eines Gesellschafters kraft Vertrages ist ebenfalls ein Grundlagengeschäft, welches sich nach den allgemeinen Regeln richtet. Zwischen ihm und den übrigen Gesellschaftern findet eine Auseinandersetzung statt, die sich nach den §§ 712 ff. BGB richtet. Anders als nach dem früheren Rechtszustand führt das Ausscheiden eines Gesellschafters nicht zur Auflösung der Gesellschaft. Die maßgeblichen §§ 138 ff. HGB gehen von der Regel "Fortführung der Gesellschaft und Ausscheiden des Gesellschafters" aus. Das Gesetz nennt verschiedene gesellschaftsvertraglich dispositive Gründe, die zum Ausscheiden des Gesellschafters führen.
a) Tod des Gesellschafters
Rz. 551
Stirbt ein Gesellschafter, so scheidet er aus der Gesellschaft aus. Die Mitgliedschaft ist nicht ohne Weiteres vererblich. Das kann mit einer Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag erreicht werden. Stirbt bei einer Zweipersonengesellschaft der eine Gesellschafter und ist der andere sein Alleinerbe, erlischt die OHG.
b) Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters
Rz. 552
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters führt mangels abweichender Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag gem. § 130 Abs. 1 Nr. 3 HGB zu seinem Ausscheiden aus der OHG. Die Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse gem. § 26 InsO hat jedoch nicht diese Rechtsfolge. Zum Ausscheiden führt auch die Nachlassinsolvenz des Gesellschaftererben; er kann jedoch von den Mitgesellschaftern seinen Verbleib in der Gesellschaft fordern, wenn er den Anteil durch Zahlung aus seinem Privatvermögen aus der Nachlassinsolvenz auslöst.
c) Kündigung des Gesellschafters
Rz. 553
Der Gesellschafter kann seine Mitgliedschaft durch ordentliche Kündigung oder durch eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Kündigung aus wichtigem Grund beenden. Gem. §§ 132, 134 HGB kann die Kündigung einer OHG, die auf unbestimmte Zeit oder auf die Lebenszeit des Gesellschafters eingegangen wurde, nur für den Schluss eines Geschäftsjahres mit einer Frist von 6 Monaten erfolgen.
d) Kündigung durch den Privatgläubiger des Gesellschafters
Rz. 554
Die Norm des § 133 HGB gewährt dem Privatgläubiger eines Gesellschafters Zugriff auf den Kapitalwert des Gesellschaftsanteils seines Schuldners, nicht nur auf dessen Gewinnrechte. Erreichen kann der Gläubiger dies durch ein selbstständiges Kündigungsrecht mit den folgenden Voraussetzungen:
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es muss sich um einen Privatgläubiger eines Gesellschafters handeln; |
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dieser muss einen nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Schuldtitel besitzen; |
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innerhalb der letzten 6 Monate vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die Gesellschaft muss der Privatgläubiger oder ein anderer Gläubiger einen erfolglosen Zwangsvollstreckungsversuch in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters unternommen haben; |
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der Privatgläubiger muss Pfändung und Überweisung des Auseinandersetzungsguthabens des Gesellschafters erwirken. |
Rz. 555
Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der Privatgläubiger des Schuldnergesellschafters die Kündigung allen Gesellschaftern ggü. erklären. Sie erfolgt mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Geschäftsjahrs. Daraufhin scheidet der Schuldnergesellschafter aus der Gesellschaft aus und es findet zwischen ihm und der Gesellschaft eine Auseinandersetzung statt. Der Privatgläubiger kann sich aus dem ihm überwiesenen Auseinandersetzungsanspruch befriedigen. Um den Erfolg seiner Zwangsvollstreckung nicht zu beeinträchtigen, bedürfen Vereinbarungen über die Abfindung nach Pfändung und Überweisung des Auseinandersetzungsanspruchs der Zustimmung des Privatgläubigers.
e) Eintritt von weiteren im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Fällen
Rz. 556
Der Gesellschaftsvertrag kann auch weitere Fälle des Ausscheidens eines Gesellschafters vorsehen, bspw. das Erreichen einer Altersgrenze, das Eintreten der Arbeitsunfähigkeit oder seine Wiederverheiratung. Die Vorschrift des § 138 Abs. 3 HGB ändert aber nichts an den zu den §§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 HGB a.F. entwickelten Zulässigkeitsschranken für gesellschaftsvertragliche Ausschlussklauseln.
f) Beschluss der Gesellschafter
Rz. 557
Auch § 138 Abs. HGB schafft keine Rechtsgrundlage für den Ausschluss eines Gesellschafters über die allgemeinen Regeln hinaus, ein Ausschluss kann daher nur einstimmig beschlossen werden. Gegen seinen Willen kann ein Gesellschafter nur gem. § 134 HGB durch Klage ausgeschlossen werden, wobei Voraussetzung das Vorliegen eines wichtigen Grundes in seiner Person oder die Existenz einer Ausschlussklausel im Gesellschaftsvertrag ist.