Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
a) Ausscheiden nach der gesetzlichen Regelung
Rz. 855
Sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, scheidet ein Komplementär nach § 130 Abs. 1 aus der KG aus, wenn er verstirbt, über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, er oder einer seiner Privatgläubiger gekündigt hat, weitere im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Fälle eingetreten sind oder die übrigen Gesellschafter das Ausscheiden beschlossen haben.
Nach §§ 161 Abs. 2 HGB gilt das Gleiche für das Ausscheiden eines Kommanditisten. Lediglich im Fall des Todes des Kommanditisten ordnet § 177 HGB an, dass die Gesellschaft mit den Erben fortgesetzt wird.
b) Vertragliche Vereinbarungen
Rz. 856
Zunächst stellt § 130 Abs. 2 HGB ausdrücklich klar, dass weitere Tatbestände als Ausscheidungsgründe gesellschaftsvertraglich festgelegt werden können. Hingegen bezweckt die Vorschrift nicht, die Möglichkeiten der Ausschließung von Gesellschaftern durch Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluss zu erleichtern. Gesellschaftsverträge unterscheiden zwei Gruppen von Fällen, in denen Gesellschafter ausscheiden:
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eine Gruppe behandelt die Fälle, in denen ein Gesellschafterbeschluss erforderlich ist |
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in einer anderen Gruppe von Fällen scheidet ein Gesellschafter mit Eintritt eines Ereignisses automatisch aus der Gesellschaft aus, ohne dass es eines Beschlusses der übrigen Gesellschafter bedarf; ein automatisches Ausscheiden sollte nur für die Fälle vereinbart werden, in denen es unvorstellbar ist, dass der Gesellschafter nicht ausgeschlossen würde. |
c) Rechtsfolgen des Ausscheidens
Rz. 857
Rechtsfolge des Ausscheidens eines Gesellschafters ist eine "Anwachsung" seines Anteils bei den verbleibenden Gesellschaftern und das Entstehen von Abfindungsansprüchen des ausgeschiedenen Gesellschafters bzw. seiner Erben. Scheidet der einzige persönlich haftende Gesellschafter einer KG aus, ohne dass ihm ein Erbe nachfolgt, führt dies zur Auflösung der KG, da diese ohne persönlich haftenden Gesellschafter als Werbende nicht fortbestehen kann. Die KG erlischt in jedem Fall, wenn von zwei Gesellschaftern nur noch einer übrig bleibt. In diesem Fall geht das Gesellschaftsvermögen auf den Verbliebenen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über, es kommt also zur Anwachsung des Gesellschaftsvermögens bei dem letzten verbleibenden Gesellschafter ohne Einzelrechtsübertragung.
Rz. 858
Das Ausscheiden des Gesellschafters beseitigt seine Haftung nicht (vgl. §§ 136, 137 HGB). Der ausgeschiedene Gesellschafter haftet jedoch nur für alle Altschulden, nicht hingegen für Neuschulden aus der Zeit nach seinem Ausscheiden. §§ 161 Abs. 2, 137 HGB begrenzen die Nachhaftung des ausgeschiedenen Komplementärs wie die des Kommanditisten. Für Altschulden haftet er nur dann, wenn sie vor Ablauf von 5 Jahren nach seinem Ausscheiden fällig sind und der Anspruch gegen ihn (nicht die Gesellschaft selbst) in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3–5 BGB bezeichneten Art (Rechtskraft oder Vollstreckbarkeit) festgestellt ist oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird. § 137 HGB enthält eine Ausschlussfrist (Einwendung), keine Verjährungsregelung. Für Schadensersatzansprüche würde die Nachhaftung durch das MoPeG gem. § 137 Abs. 1 Satz 2 HGB auf solche Fälle beschränkt, in denen die Schadensersatz führende Pflichtverletzung schon vor dem Ausscheiden des Gesellschafters eingetreten ist.
Rz. 859
Aufgrund der fünfjährigen Nachhaftung hat der ausgeschiedene Gesellschafter einen Anspruch gegen die KG, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien (§§ 161 Abs. 2, 135 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB).