Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
a) Überblick
aa) Umwandlung der Gesellschaft in eine Abwicklungsgesellschaft
Rz. 438
Durch die Auflösung verliert die Gesellschaft nicht etwa ihre rechtliche Identität, sie besteht vielmehr mit geändertem Gesellschaftszweck fort (§ 735 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F.). Der Zweck der Gesellschaft richtet sich nunmehr allein auf die Liquidation. Entsprechend bestehen auch sämtliche Rechte und Pflichten der Gesellschafter ihrer Grundstruktur nach unverändert fort. Sie erfahren eine Veränderung allerdings insoweit, als der veränderte Gesellschaftszweck diese inhaltlich erheblich umgestalten kann. Bei der insolvenzbedingten Auflösung der Gesellschaft findet keine Liquidation nach den §§ 736 ff. BGB statt, da die Regelungen der InsO Vorrang haben (§ 735 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F.). Ist eine atypische GbR gem. § 729 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB n.F., § 394 FamFG durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst, findet grds. keine Liquidation statt, da Auflösung und Vollbeendigung zusammenfallen (§ 735 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.). Fraglich ist, ob auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 729 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB n.F., § 394 FamFG eine Liquidation generell immer dann entbehrlich ist, wenn kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. Gegen eine Entbehrlichkeit der Liquidation in diesen Fällen spricht bereits der praktische Gesichtspunkt, dass sich im Zeitpunkt der Auflösung oftmals nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen lässt, ob tatsächlich kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. Auch bieten die Neuregelungen des MoPeG keine Anhaltspunkte für eine Entbehrlichkeit der Liquidation. Vielmehr legt die Regelung des § 735 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. den Umkehrschluss nahe, dass außerhalb des Anwendungsbereichs von § 729 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB n.F., § 394 FamFG eine Liquidation durchzuführen ist.
bb) Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft
Rz. 439
Durch das MoPeG wurde die Fortsetzung der GbR nach ihrer Auflösung in § 734 BGB n.F. entsprechend der Regelung des § 142 HGB n.F. für die Personenhandelsgesellschaften gesetzlich normiert. Eine Fortsetzung der aufgelösten GbR ist nur vor deren Vollbeendigung möglich, setzt mithin das Vorhandensein einer fortsetzungsfähigen Gesellschaft voraus. Weitere Voraussetzungen sind die Beseitigung des Auflösungsgrundes und ein entsprechender Fortsetzungsbeschluss der Gesellschafter (§ 734 Abs. 1 BGB n.F.). Ohne Weiteres möglich ist die Fortsetzung, wenn die GbR durch Zeitablauf (§ 729 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.) oder Auflösungsbeschluss aufgelöst (§ 729 Abs. 1 Nr. 4 BGB n.F.) wurde. Im Fall der Auflösungskündigung aus wichtigem Grund nach § 729 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 731 BGB n.F. muss nach der zutreffenden Regierungsbegründung der Grund, der eine Fortsetzung der Gesellschaft unzumutbar macht, behoben sein, wovon jedenfalls dann auszugehen ist, wenn der kündigende Gesellschafter der Fortsetzung zustimmt. Soll eine Gesellschaft nach Erreichen ihres Zwecks bzw. nach dessen Unmöglichkeit (§ 729 Abs. 2 BGB n.F.) fortbestehen, ist eine Zweckänderung erforderlich. § 705 Abs. 1 BGB n.F. lässt eine GbR ohne gemeinsam verfolgten Zweck nicht zu. Im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft (§ 729 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F.) ist eine Fortsetzung der Gesellschaft nur möglich, wenn das Insolvenzverfahren gem. § 213 InsO eingestellt oder nach §§ 217 ff. InsO aufgehoben wurde. Weitere Anforderungen wie in § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG oder § 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG sieht das Gesetz nicht vor.
Rz. 440
Der Fortsetzungsbeschluss bewirkt eine Zweckänderung, sodass die Gesellschaft im Rahmen der ursprünglichen oder neuen Zwecksetzung fortgeführt wird. Der Beschluss bedarf gem. § 714 BGB n.F. grds. der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter. Enthält der Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsklausel, muss der Fortsetzungsbeschluss mit einer Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen gefasst werden (§ 734 Abs. 2 BGB n.F.).
Rz. 441
Handelt es sich bei der aufgelösten Gesellschaft um eine eingetragene GbR, ist die Fortsetzung von sämtlichen Gesellschaftern zur Eintragung in das Gesellschaftsregister anzumelden (§ 734 Abs. 2 BGB n.F.).
cc) Gesetzliche Regelungen und abweichende Gestaltungen
Rz. 442
Die Liquidation als Abwicklungsverfahren steht gem. § 735 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. zur Disposition...