Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 1116
Die gesetzliche Regelung der Geschäftsführung ist dispositiv und kann durch den Gesellschaftsvertrag nahezu beliebig abgeändert werden (§§ 108, 163 HGB).
Die Geschäftsführungsbefugnis der Komplementäre kann über die gesetzliche Regelung hinaus erweitert werden. Zulässig ist bspw. die Ausdehnung der Geschäftsführungsbefugnis auf einzelne oder alle außergewöhnlichen Geschäfte. Allerdings kann der Ausschluss des Widerspruchsrechts des Kommanditisten (§ 164 HGB) die steuerliche Anerkennung der Mitunternehmerstellung gefährden.
Möglich ist auch eine Einschränkung der gesetzlich vorgesehenen Geschäftsführungsbefugnisse des Komplementärs. In der Praxis wird vielfach anstelle der gesetzlich vorgesehenen Einzelgeschäftsführungsbefugnis eine Gesamtgeschäftsführungsbefugnis vereinbart. Durch den Zwang zum gemeinsamen Handeln soll eine gewisse Kontrolle gewährleistet werden. Die Gesamtgeschäftsführungsbefugnis kann unterschiedlich ausgestaltet werden, um etwa die herausgehobene Stellung eines Komplementärs oder ein Gleichgewicht zwischen verschiedenen Familienstämmen zu gewährleisten.
Rz. 1117
Sind mehrere Komplementäre vorhanden, kann der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass die Geschäftsführung nur einem oder mehreren von ihnen allein übertragen wird. Die übrigen Komplementäre sind dann von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Zulässig ist auch der vollständige Ausschluss aller Komplementäre von der Geschäftsführung und die Übertragung auf einen Kommanditisten, nicht aber auf einen außenstehenden Dritten.
Rz. 1118
Die Rechtsstellung der Kommanditisten kann im Hinblick auf die Geschäftsführung gleichfalls erweitert oder eingeschränkt werden. Die Position der Kommanditisten kann bspw. dadurch gestärkt werden, dass für einzelne Geschäfte oder bestimmte Arten von Geschäften ihre vorherige Zustimmung erforderlich ist. Der Gesellschaftsvertrag kann darüber hinaus vorsehen, dass die Kommanditisten neben oder anstelle der Komplementär-GmbH die Geschäfte der Gesellschaft führen.
Die Ausgestaltung der Geschäftsführungsbefugnis der Kommanditisten kann Auswirkungen auf die gewerbliche Prägung der GmbH & Co. KG haben (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Die gewerbliche Prägung setzt u.a. voraus, dass nur die Komplementär-GmbH zur Geschäftsführung der Gesellschaft befugt ist. Wird einem Kommanditisten somit allein oder neben der Komplementär-GmbH die Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt, entfällt die gewerbliche Prägung. Dagegen bleibt die gewerbliche Prägung erhalten, wenn ein Kommanditist Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist und damit die Geschäfte der GmbH & Co. KG mittelbar führt. Je nach Interessenlage kann die GmbH & Co. KG somit als gewerblich geprägte oder als vermögensverwaltende Gesellschaft ausgestaltet werden. Für die gewerbliche Prägung kommt es (systemwidrig) allein auf die Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis (und nicht auf die Vertretungsberechtigung im Außenverhältnis) an. Dementsprechend kann die gewerbliche Prägung bzw. Entprägung auch nicht zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden.
Rz. 1119
Der Gesellschaftsvertrag kann die Stellung des Kommanditisten aber auch schwächen und das gesetzliche Zustimmungsrecht auf bestimmte Geschäfte beschränken, die Zustimmung durch einzelne oder eine bestimmte Mehrheit der Kommanditisten als ausreichend ansehen oder das Zustimmungsrecht auf ein (echtes) Widerspruchsrecht reduzieren. Die Stellung mehrerer Kommanditisten kann dabei auch unterschiedlich geregelt werden.
Rz. 1120
Die Rechtsgeschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen (§ 116 Abs. 2 HGB) oder die sonst der Zustimmung der Kommanditisten bedürfen, können im Gesellschaftsvertrag näher bezeichnet werden. Dabei sollte klargestellt werden, ob die zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfte abschließend oder nur beispielhaft aufgeführt sind.
Beispiele
Rechtsgeschäfte, die in einen solchen Katalog aufgenommen werden können, sind etwa:
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Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, |
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Erwerb, Veräußerung und Belastung von Unternehmen sowie von Unternehmensbeteiligungen, |
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Errichtung und Aufgabe von Zweigniederlassungen und Betriebsstätten, |
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Bestellung und Abberufung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten, |
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Abschluss, Änderung und Beendigung von Unternehmens- und Beherrschungsverträgen, |
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Abschluss, Änderung und Beendigung von Dienstverträgen (ggf. beschränkt auf Verträge mit einer jährlichen Bruttovergütung von mehr als … EUR), |
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Abschluss, Änderung und Beendigung von Miet-, Pacht und Leasingverträgen (ggf. beschränkt auf Verträge mit einer jährlichen Zahlungsverpflichtung von mehr als … EUR), |
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Abschluss, Änderung und Beendigung von Darlehensverträgen (ggf. beschränkt auf Verträge mit einer Laufzeit von mehr als … Monaten oder einer Darlehenssumme von mehr als … EUR), |
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Übernahme von Bürgschafts- und sonstigen Garantieverpflichtungen (ggf. beschränkt auf Verpflichtungen von mehr als … EUR), |
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Führung von Prozessen (ggf. beschränkt auf ... |