Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 865
Neben möglichem Streit über die Berechnung des Abfindungsanspruchs sprechen das Interesse der Gesellschaft und der verbleibenden Gesellschafter an der Überlebensfähigkeit der Gesellschaft und der Begrenzung des Liquiditätsabflusses für die vertragliche Vereinbarung einer Abfindung. Die zuletzt genannten Gründe legen die Vereinbarung einer unter dem Verkehrswert liegenden Abfindung nahe. Zwischen dem Interesse der Gesellschaft und der verbleibenden Gesellschafter an einer möglichst niedrigen und dem Interesse des Ausgeschiedenen an einer möglichst hohen Abfindung besteht naturgemäß ein Spannungsfeld. Die hieraus resultierende Konfliktgefahr ist durch möglichst klare Abfindungsregelungen zu reduzieren.
a) Ertragswertklauseln
Rz. 866
Wird als Maßstab für die Abrechnung der Ertragswert gewählt, genügt es nicht, in einer Abfindungsklausel nur die Bewertung zum Ertragswert anzuordnen. Auch zur Bestimmung des Ertragswerts können unterschiedliche Methoden herangezogen werden. Es ist daher empfehlenswert, zusätzliche Aussagen über die anzuwendende Ertragswertmethode zu treffen, insb. zur Methode der Bewertung der Ertragskraft (pauschale/analytische Methode) und zum Kapitalisierungszinsfuß. Scheuen die Gesellschafter davor zurück, sich auf eine bestimmte Methode zur Bewertung des Unternehmens festzulegen, kann auf die jeweilige vom Institut für Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. empfohlene Bewertungsmethode verwiesen werden (standardisiertes Ertragswertverfahren – IDW S 1).
Rz. 867
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Muster 9.47: Ertragswertklausel mit Angabe der anzuwendenden Ertragsmethode
Die Abfindung bemisst sich nach der Summe aus den Forderungskonten des ausgeschiedenen Gesellschafters (Verrechnungskonto, Darlehenskonto) und dessen Anteil am Ertragswert. Der Ertragswert ist nach der Methode zu ermitteln, die das Institut der Wirtschaftsprüfer in Düsseldorf jeweils am Stichtag des Ausscheidens empfiehlt (derzeit Standard IDW S 1).
b) Buchwertklauseln
Rz. 868
Eine Buchwertklausel beschränkt die Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters auf den Buchwert seines Anteils. Buchwertklauseln führen typischerweise zu einer Beschränkung der Abfindung ggü. dem anteiligen Ertragswert, da der Buchwert aufgrund der bilanzrechtlichen Grundsätze und des Vorsichtsprinzips niedriger, aber nicht höher als der Verkehrswert sein kann. Ein etwaiger Liquidationswert kann niedriger sein als der Buchwert, da im Fall der Liquidation Belastungen zutage treten, für die im laufenden Geschäft üblicherweise keine Rückstellung gebildet wird (z.B. Sozialplankosten, Abstandszahlungen für die Auflösung von Dauerschuldverhältnissen etc.).
Rz. 869
Mit der Beschränkung auf den Buchwert sind dem ausscheidenden Gesellschafter sein Anteil an den stillen Reserven und einem Geschäfts- und Firmenwert nicht zu vergüten. Buchwertklauseln sind regelmäßig dahin gehend auszulegen, dass dem ausgeschiedenen Gesellschafter folgende Vermögenspositionen auszuzahlen sind:
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Guthaben auf Einlagekonten (insbesondere Festkapitalkonto); |
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einbehaltene Gewinne sowie |
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sonstige anteilige Rücklagen und Rückstellungen mit Eigenkapitalcharakter nach Maßgabe der letzten, auf den Stichtag der Abfindung fortzuschreibenden Handelsbilanz. |
Um Unklarheiten darüber zu vermeiden, wie mit Verrechnungs- und anderen Forderungskonten (z.B. Darlehenskonten) der ausscheidenden Gesellschafter umzugehen ist, sollte in dem Gesellschaftsvertrag auch hierzu eine Regelung getroffen werden. Hier bestehen grds. zwei Möglichkeiten: Die Forderungskonten werden dem Saldo der Kapitalkonten hinzugerechnet und ergeben insgesamt das Abfindungsguthaben, das gem. den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages (i.d.R. ratenweise) gezahlt wird. Alternativ trifft der Gesellschaftsvertrag für die Forderungskonten abweichende Auszahlungsregelungen. Enthält der Gesellschaftsvertrag keine gesonderten Regeln für die Auszahlung der Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft und werden diese Forderungen nicht in die Regeln über die Auszahlung der Abfindung einbezogen, sind die Beträge auf den Forderungskonten unmittelbar mit Ausscheiden aus der KG fällig. Dies kann zu einer unerwünschten Liquiditätsbelastung der Gesellschaft führen und sollte vermieden werden.
Hinweis
Soll der "Buchwert" alle Konten des Gesellschafters umfassen, also auch Forderungskonten, stellt sich die Frage, wie mit dem Kapitalverlustkonto umgegangen werden soll. Wird ein solches Konto in den Buchwert einbezogen und ist das Kapitalverlustkonto höher als die übrigen Kapitalkonten, führt dies zu einer "Nachschusspflicht" des ausgeschiedenen Gesellschafters jedenfalls dann, wenn das Kapitalverlustkonto zu einer Verringerung seines Verrechnungs- oder Darlehenskontos führt.
Rz. 870
Buchwertklauseln wu...